Thüringer Dörfer wählen Blau
AfD kommt vor allem im ländlichen Raum an. Städtekette an der A 4 nahezu durchgehend in SPD-Hand
Erfurt. Die AfD verdankt ihr Ergebnis bei der Bundestagswahl in Thüringen der Bevölkerung im ländlichen Raum. Ein Blick auf die nach Zweitstimmen gefärbte Karte zeigt: In den allermeisten Gemeinden hat die vom Verfassungsschutz beobachtete Partei die Oberhand.
Allerdings: Dass das Wahlergebnis nicht deutlicher für die in weiten Teilen rechtsextreme Partei ausgefallen ist, geht auf die größten Städte zurück – die nahezu alle in Hand der Sozialdemokraten liegen.
In Eisenach und Gotha – traditionelles SPD-Gebiet – aber auch in Suhl, wo der prominente Direktkandidat Frank Ullrich antrat, verzeichnen die Sozialdemokraten zweistellige Zuwächse. In Weimar, Erfurt und Jena gab es ebenso ein deutliches Plus. Neben der SPD punkteten vor allem die Grünen in den Thüringer Städten. In Jena und Weimar fuhren sie ihre besten Ergebnisse ein. Auch das Zweitstimmenplus in Erfurt kann sich mit 5,5 Prozent noch sehen lassen.
Aber beim Blick auf die Städte in Thüringen gilt: Keine Regel ohne Ausnahme. Gera, immerhin drittgrößte Stadt des Freistaates, bleibt fest in der Hand der AfD. Hier erreichte sie 27,2 Prozent bei den Zweitstimmen, zwar ein minimaler Verlust, und wurde erneut die stärkste Kraft.
Dass die AfD vor allem im ländlichen Gebiet gewählt wird, bestätigt auch ein Blick auf die Orte, in denen sie am stärksten zulegen konnte. Im südthüringischen Oberstadt verzeichnete die Partei bei den Zweitstimmen ein deutliches Plus von 27,5 Prozent. In Beinerstadt waren es noch 18,1 Prozent. Beide Kommunen liegen im Wahlkreis 196. Hier war der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen für die CDU angetreten, unterlag aber am Ende deutlich im Kampf um das Direktmandat gegen den SPD-Kandidaten Ullrich.
CDU büßt Nimbus ein
Ein Blick auf das Gebiet rund um Themar und Kloster Veßra lohnt dennoch. Denn hier ist der bundesweit bekannte Rechtsextremist Tommy Frenck beheimatet. Er hatte kurz vor der Wahl dafür geworben, Maaßen mit der Erststimme und die AfD mit der Zweitstimme zu wählen. Neben den beiden genannten Gemeinden gibt es rund um Kloster Veßra weitere Kommunen, in denen die AfD zweistellige Stimmenzuwächse verzeichnen konnte. In Beinerstadt zum Beispiel gewann der von Neonazi Frenck empfohlene Maaßen die meisten Erststimmen, während die AfD bei den Zweitstimmen vorn lag. In Oberstadt hingegen ging das nicht auf.
Dass die AfD insbesondere auf den Dörfern stark gewählt wurde, bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass die CDU ihren Nimbus genau dort immer deutlicher einbüßt, wo sie seit Jahrzehnten ihren Machtbasis hat. Ein Blick ins Eichsfeld zeigt auch das beispielhaft. In der Gemeinde Küllstedt, wo die altgediente CDU-Landtagsabgeordnete Christina Tasch seit vielen Jahren ehrenamtliche Bürgermeisterin ist, büßten die Christdemokraten etwa jede vierte Zweitstimme ein, verloren 27,9 Prozent.
Stärkste Kraft in dem Ort: die AfD. Sie holte 32,6 Prozent der Zweitstimmen und damit im Vergleich zu 2017 insgesamt 14,2 Prozent mehr – also in etwa die Hälfte des CDU-Verlusts.
Dennoch: Der Landkreis Eichsfeld bleibt die einzige Bastion, die den Christdemokraten in Thüringen bei einer Bundestagswahl noch geblieben ist und ist damit verantwortlich dafür, dass Manfred Grund als einziger CDU-Kandidat ein Direktmandat holen konnte. Im Eichsfeld hat die Union sogar in den beiden Kleinstädten Heiligenstadt und Leinefelde-Worbis – die nicht zu den größten in Thüringen zählen – noch gewonnen – aber auch dort gab es herbe Verluste, von denen die SPD profitierte.
Neben der AfD hat aber auch die FDP auf den Dörfern ein paar Zugewinne erzielen können und dabei wohl ebenso von der Schwäche der Union im Bund profitiert. Ein Beispiel: In Mittelpöllnitz im Landkreis Saale-Orla bekamen die Liberalen mehr als doppelt so viele Zweit- wie Erstimmen, während die CDU ein Drittel weniger Zweitstimmen als Erststimmen hatte.