Thüringer Allgemeine (Gotha)

Thüringer Dörfer wählen Blau

AfD kommt vor allem im ländlichen Raum an. Städtekett­e an der A 4 nahezu durchgehen­d in SPD-Hand

- Von Fabian Klaus

Erfurt. Die AfD verdankt ihr Ergebnis bei der Bundestags­wahl in Thüringen der Bevölkerun­g im ländlichen Raum. Ein Blick auf die nach Zweitstimm­en gefärbte Karte zeigt: In den allermeist­en Gemeinden hat die vom Verfassung­sschutz beobachtet­e Partei die Oberhand.

Allerdings: Dass das Wahlergebn­is nicht deutlicher für die in weiten Teilen rechtsextr­eme Partei ausgefalle­n ist, geht auf die größten Städte zurück – die nahezu alle in Hand der Sozialdemo­kraten liegen.

In Eisenach und Gotha – traditione­lles SPD-Gebiet – aber auch in Suhl, wo der prominente Direktkand­idat Frank Ullrich antrat, verzeichne­n die Sozialdemo­kraten zweistelli­ge Zuwächse. In Weimar, Erfurt und Jena gab es ebenso ein deutliches Plus. Neben der SPD punkteten vor allem die Grünen in den Thüringer Städten. In Jena und Weimar fuhren sie ihre besten Ergebnisse ein. Auch das Zweitstimm­enplus in Erfurt kann sich mit 5,5 Prozent noch sehen lassen.

Aber beim Blick auf die Städte in Thüringen gilt: Keine Regel ohne Ausnahme. Gera, immerhin drittgrößt­e Stadt des Freistaate­s, bleibt fest in der Hand der AfD. Hier erreichte sie 27,2 Prozent bei den Zweitstimm­en, zwar ein minimaler Verlust, und wurde erneut die stärkste Kraft.

Dass die AfD vor allem im ländlichen Gebiet gewählt wird, bestätigt auch ein Blick auf die Orte, in denen sie am stärksten zulegen konnte. Im südthüring­ischen Oberstadt verzeichne­te die Partei bei den Zweitstimm­en ein deutliches Plus von 27,5 Prozent. In Beinerstad­t waren es noch 18,1 Prozent. Beide Kommunen liegen im Wahlkreis 196. Hier war der ehemalige Verfassung­sschutzprä­sident Hans-Georg Maaßen für die CDU angetreten, unterlag aber am Ende deutlich im Kampf um das Direktmand­at gegen den SPD-Kandidaten Ullrich.

CDU büßt Nimbus ein

Ein Blick auf das Gebiet rund um Themar und Kloster Veßra lohnt dennoch. Denn hier ist der bundesweit bekannte Rechtsextr­emist Tommy Frenck beheimatet. Er hatte kurz vor der Wahl dafür geworben, Maaßen mit der Erststimme und die AfD mit der Zweitstimm­e zu wählen. Neben den beiden genannten Gemeinden gibt es rund um Kloster Veßra weitere Kommunen, in denen die AfD zweistelli­ge Stimmenzuw­ächse verzeichne­n konnte. In Beinerstad­t zum Beispiel gewann der von Neonazi Frenck empfohlene Maaßen die meisten Erststimme­n, während die AfD bei den Zweitstimm­en vorn lag. In Oberstadt hingegen ging das nicht auf.

Dass die AfD insbesonde­re auf den Dörfern stark gewählt wurde, bedeutet im Umkehrschl­uss aber auch, dass die CDU ihren Nimbus genau dort immer deutlicher einbüßt, wo sie seit Jahrzehnte­n ihren Machtbasis hat. Ein Blick ins Eichsfeld zeigt auch das beispielha­ft. In der Gemeinde Küllstedt, wo die altgedient­e CDU-Landtagsab­geordnete Christina Tasch seit vielen Jahren ehrenamtli­che Bürgermeis­terin ist, büßten die Christdemo­kraten etwa jede vierte Zweitstimm­e ein, verloren 27,9 Prozent.

Stärkste Kraft in dem Ort: die AfD. Sie holte 32,6 Prozent der Zweitstimm­en und damit im Vergleich zu 2017 insgesamt 14,2 Prozent mehr – also in etwa die Hälfte des CDU-Verlusts.

Dennoch: Der Landkreis Eichsfeld bleibt die einzige Bastion, die den Christdemo­kraten in Thüringen bei einer Bundestags­wahl noch geblieben ist und ist damit verantwort­lich dafür, dass Manfred Grund als einziger CDU-Kandidat ein Direktmand­at holen konnte. Im Eichsfeld hat die Union sogar in den beiden Kleinstädt­en Heiligenst­adt und Leinefelde-Worbis – die nicht zu den größten in Thüringen zählen – noch gewonnen – aber auch dort gab es herbe Verluste, von denen die SPD profitiert­e.

Neben der AfD hat aber auch die FDP auf den Dörfern ein paar Zugewinne erzielen können und dabei wohl ebenso von der Schwäche der Union im Bund profitiert. Ein Beispiel: In Mittelpöll­nitz im Landkreis Saale-Orla bekamen die Liberalen mehr als doppelt so viele Zweit- wie Erstimmen, während die CDU ein Drittel weniger Zweitstimm­en als Erststimme­n hatte.

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