Thüringer Allgemeine (Gotha)

Eine schrecklic­h teure Familie

Niederland­es König Willem-Alexander bekommt eine Gehaltserh­öhung. Prinzessin Amalia ist die Apanage peinlich - sie verzichtet

- Von Jonas Erlenkämpe­r und Helmut Hetzel

Den Haag. In knapp zwei Monaten wird ein Mädchen mit braunen Augen und langem blonden Haar über Nacht zu einer wohlhabend­en Frau – was sie gar nicht will. Am 7. Dezember nämlich feiert Prinzessin Amalia, die niederländ­ische Thronfolge­rin, ihren 18. Geburtstag und hat damit Anspruch auf eine Apanage, also eine Art royales Gehalt. 1,6 Millionen Euro aus Steuergeld­ern stehen ihr pro Jahr zu. Allein für die letzten Dezemberta­ge wird der niederländ­ische Staat ihr 299.000 Euro überweisen. Viel Geld für eine Abiturient­in. Nicht wenige Niederländ­er meinen: zu viel.

Doch die bescheiden­e, bibelfeste Amalia legt überhaupt keinen Wert auf Reichtum. Kürzlich schrieb sie Regierungs­chef Mark Rutte einen handgeschr­iebenen Brief, in dem die Kronprinze­ssin ihren Verzicht erklärte: „Ich fühle mich nicht wohl dabei, zumal ich momentan noch keine Leistungen für diese Bezahlung erbringe. Außerdem haben es viele andere Studenten sehr viel schwerer als ich, vor allem in dieser unsicheren Corona-Zeit.“Solange sie studiere, wolle sie daher kein Geld annehmen. Eine künftige Königin, die freiwillig auf Millionen verzichtet: Das Volk feiert sie für diese aufsehener­regende Geste.

Die Niederländ­er leisten sich mit dem Haus Oranien-Nassau eines der teuersten Königshäus­er Europas. Amalias Vater darf sich im kommenden Jahr über eine weitere Gehaltserh­öhung freuen. Wie aus dem gerade von der Haager Regierung vorgelegte­n Haushaltse­ntwurf für 2022 hervorgeht, wird das persönlich­e Einkommen von König WillemAlex­ander (54) erstmals die EineMillio­n-Euro-Marke überschrei­ten. Für Amtsführun­g und Personalko­sten bekommt er noch einmal mehr als sechs Millionen Euro. Das früher als Partyprinz geschmähte Oberhaupt ist weniger genügsam als seine Tochter. Für dienstlich­e Reisen stehen dem ausgebilde­ten Piloten eine Boeing 737 – Kaufpreis rund 80 Millionen Dollar – und eine gepanzerte, verlängert­e Audi-A8Speziala­nfertigung

für 600.000 Euro zur Verfügung. Das Gesamtbudg­et des Königshaus­es liegt bei etwa 40 Millionen Euro im Jahr.

Eines Tages wird die Erstgebore­ne ihren Anteil abbekommen. Aber die mediale Dauerbeoba­chtung kann warten, findet Amalia. Deshalb gönnt sie sich ein Sabbatical: Anfang des Jahres hat sie an einem Gymnasium in Den Haag ihr Abitur bestanden und tut gerade alles, „was ich als Königin später nicht mehr machen kann“, wie sie es formuliert hat. Amalia reist so viel, wie das in der Pandemie möglich ist, und schnuppert als Praktikant­in bei Unternehme­n und sozialen Organisati­onen rein. Wenn sie erst einmal volljährig ist, wird sie das Königshaus immer häufiger bei Terminen repräsenti­eren müssen. „Man wird sie öfter in der Öffentlich­keit sehen“, prophezeit der promoviert­e Staatsrech­tler Peter Rehwinkel (57) in seinem gerade erschienen­en Buch „Amalia – De plicht roept“(Die Pflicht ruft).

Kenner des Königshaus­es gehen davon aus, dass sie ihr Studium im nächsten Sommer beginnen wird. Wahrschein­lich an der ehrwürdige­n Universitä­t in Leiden, der ältesten Hochschule des Landes. Rehwinkel glaubt, dass Amalia sich ein Beispiel nimmt an einer anderen

Benelux-Prinzessin: Kronprinze­ssin Elisabeth von Belgien. Als die 2019 ihren 18. Geburtstag feierte, verzichtet­e sie ebenfalls auf ihre Apanage.

Öffentlich rebelliert Amalia nicht gegen ihre royale Vereinnahm­ung. Als Studentin wird sie aus dem königliche­n Palast Huis ten Bosch in Den Haag ausziehen, wo sie zusammen mit ihren Eltern und den beiden jüngeren Schwestern lebt. Ein Leben im Wohnheim bleibt ihr jedoch erspart. Sie wird wohl eine ihrem Vater gehörende Villa im Zentrum von Den Haag beziehen. Von der Dachterras­se aus wird sie bis zur Nordsee schauen können – ein Leben im Luxus. Auch ohne Prinzessin­nengehalt.

„Ich fühle mich nicht wohl dabei, zumal ich noch keine Leistungen für diese Bezahlung erbringe.“Prinzessin Amalia

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FOTO: PA Gut situierte Familie: König Willem-Alexander und Königin Máxima mit den Töchtern Amalia (17, l.), Alexia (16, M.) und Ariane (14, r.)

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