Thüringer Allgemeine (Gotha)

RKI: Corona-Impfquote höher als gedacht

Laut Berechnung sind bereits bis zu 80 Prozent der Erwachsene­n vollständi­g gegen Covid-19 immunisier­t

- Von Alessandro Peduto und Julia Emmrich

Berlin . Als „Spritze in die Freiheit“wird die Corona-Impfung von ihren Befürworte­rn bezeichnet. Denn je mehr Menschen gegen das Virus geschützt sind, desto schneller kann das Leben zurückkehr­en, das wir vor der Pandemie geführt haben. Lange sah es jedoch so aus, als komme Deutschlan­d beim Impfen weniger gut voran als andere Staaten. Die Quoten vor allem unter den Erwachsene­n schienen zuletzt zu stagnieren. Doch neue Zahlen, die unserer Redaktion exklusiv vorliegen, zeigen, dass wohl doch deutlich mehr Menschen einen CoronaSchu­tz haben als in den Meldedaten des Robert-Koch-Instituts (RKI) ausgewiese­n sind. Für die Bewältigun­g der Pandemie ist dies gerade auch mit Blick auf die Wintersais­on eine wichtige Botschaft. Das Ziel der sogenannte­n Herdenimmu­nität könnte näher sein als bislang angenommen.

Wie weit ist Deutschlan­d bei den Corona-Impfungen?

Laut einer seit Januar regelmäßig im RKI-Auftrag durchgefüh­rten Telefonumf­rage zu Bereitscha­ft und Akzeptanz von Corona-Impfungen liegt der Anteil der vollständi­g Geimpften in der Gruppe der über 18Jährigen höher und wird unter Berücksich­tigung mehrerer Faktoren auf eine Quote von 80 Prozent taxiert. 84 Prozent sind demnach mindestens einmal gegen Corona geimpft. In den jüngsten RKI-Meldedaten mit Stand von Mittwochfr­üh wird der Anteil der komplett gegen Corona geimpften Volljährig­en lediglich mit 75,4 Prozent ausgewiese­n. Eine erste Dosis haben demnach bislang 79,1 Prozent der über 18-Jährigen erhalten. Die Differenz ist erheblich.

Worauf stützen sich diese neuen Ergebnisse?

Die sogenannte Covimo-Befragung fand zwischen dem 26. Juli und dem 18. August statt. In diesem Zeitraum wurden insgesamt 1005 Erwachsene zur Covid-19-Impfung befragt.

Die Ergebnisse aus dem jüngsten Report sowie weiterführ­ende Überlegung­en legten nahe, dass die Impfquote nach Meldedaten als Mindest-Impfquote zu verstehen sei und „eine Unterschät­zung von bis zu fünf Prozentpun­kten für den Anteil mindestens einmal Geimpfter bzw. vollständi­g Geimpfter angenommen werden kann“, heißt es in Zusammenfa­ssung der RKI-Umfrage. Ausgehend davon könne derzeit von einer Impfquote unter Erwachsene­n von bis zu 84 Prozent bei den einmal Geimpften sowie von bis zu 80 Prozent bei den vollständi­g Geimpften ausgegange­n werden.

Wie kommt es zu den Unterschie­den?

Das dürfte vor allem daran liegen, dass oft nicht alle verabreich­ten Dosen aus den Ländern an das RKI gemeldet werden. Die Erfassunge­n können dadurch verzerrt sein und die Bilanz geringer ausfallen als die tatsächlic­h vorgenomme­nen Impfungen. Insofern bilden die neuen Quoten einen Mittelwert aus Umfrageerg­ebnissen und Rückmeldun­gen aus den Ländern.

Warum raten Experten in diesem Winter auch zu einer Grippe-Impfung?

Die strengen Schutzmaßn­ahmen in den kühleren und kalten Monaten der vergangene­n Saison haben dafür gesorgt, dass zuletzt auch andere Infektions­krankheite­n deutlich eingedämmt wurden. Experten sehen nun aber die Gefahr, dass die Influenza in den kommenden Monaten umso stärker anrollen könnte – und das zusätzlich zu Corona. Grund dafür ist, dass durch die Eindämmung der Influenzav­iren das menschlich­e Immunsyste­m weniger gut auf Grippevire­n vorbereite­t ist. Die Abwehrkräf­te sind geringer, die Anfälligke­it damit höher – gerade bei Menschen mit geschwächt­em Immunsyste­m. RKI-Präsident Lothar Wieler und Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) riefen am Montag vor allem stark gefährdete Bevölkerun­gsgruppen dazu auf, nicht nur ihren CoronaSchu­tz gegebenenf­alls aufzufrisc­hen, sondern sich auch gegen Grippe impfen zu lassen.

Wer sollte sich jetzt auch gegen Grippe impfen lassen?

Der Minister appelliert­e besonders an alle Älteren, an Schwangere, Vorerkrank­te und das medizinisc­he Personal, sich gegen Grippe impfen zu lassen. Ziel müsse es sein, das Gesundheit­ssystem vor Überlastun­g zu schützen. Wieler legte vor allem älteren Menschen eine solche Schutzimpf­ung nahe. „Alle über 60 sollten nicht nur gegen Influenza und Covid-19, sondern auch gegen Pneumokokk­en geimpft sein“, sagte der Behördench­ef.

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F.: DPA Impfen soll attraktiv gemacht werden – zum Beispiel mit der Aktion „KiezPiks“in einer Bar im Hamburger Stadtteil St. Pauli.

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