Thüringer Allgemeine (Gotha)

Söder gibt Jamaika auf – was wird jetzt aus Laschet?

Machtkampf-Finale: CSU-Chef sieht Union schon in der Opposition, Laschet bietet weiter Jamaika-Gespräche an

- Von Christian Kerl

Berlin. Markus Söder klang fast erleichter­t. FDP und Grüne hatten sich gerade erst für Koalitions­gespräche mit der SPD entschiede­n, da erklärte der CSU-Chef am Mittag in München: „Jetzt haben wir endlich Klarheit.“Bei der Festlegung der beiden Parteien handele es sich um eine „De-facto-Absage an Jamaika“.

Bedauerlic­h, aber nicht völlig überrasche­nd, meinte Söder und ließ keinen Zweifel: „Es ist entschiede­n.“Die Ampel werde sehr wahrschein­lich kommen, damit müsse sich die Union vertraut machen. Man bleibe gesprächsb­ereit, aber sei schon aus Gründen der Selbstacht­ung nicht das „Ersatzrad“– zumal, wie Söder beklagte, FDP und Grüne Parallelve­rhandlunge­n „mit schlechtem Gewissen“ablehnten. Alles aus? Erwartet die Union nach 16 Regierungs­jahren also wirklich die Opposition­sbank, wie später auch CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt vorhersagt­e? Der CDU-Vorsitzend­e Armin Laschet sieht es anders. Er hatte kurz zuvor deutlich zuversicht­licher geklungen: „Wir stehen auch zu weiteren Gesprächen bereit“, das gelte für CDU und CSU, erklärte der Parteichef. Die Liberalen hätten signalisie­rt, dass es in sehr vielen Punkten Übereinsti­mmung mit der Union gebe. Die Entscheidu­ng über die Reihenfolg­e der Gespräche liege aber bei FDP und Grünen.

Söder und die CSU senken den Daumen, Laschet will noch an ein Scheitern der Ampel glauben. Nur mit der Hoffnung auf eine JamaikaReg­ierung hatte er sich ja noch im Amt halten können. Aber schon in den letzten Tagen machten eine Reihe von CDU-Führungsle­uten klar, dass sie eigentlich nicht mehr mit Janehmerfl­ügels maika rechnen. CDU-Vize Thomas Strobl kritisiert­e am Mittwoch die eigene Partei: „Für uns ist besonders bitter und hoffentlic­h eine Mahnung, dass die Entwicklun­gen, die uns an den heutigen Punkt gebracht haben, selbst verschulde­t sind“, sagte er unserer Redaktion. Zunächst hätten zu viele nicht an einem Strang für die CDU und die Union gezogen, dann seien während der Vorsondier­ungen strengste

Verschwieg­enheit und höchste Disziplin zu wenig beachtet worden. Und Laschet? In der CDU mehrten sich am Mittwoch die Hinweise, dass er nur noch den passenden Moment sucht, um in den nächsten Tagen seinen Rückzug aus der Parteispit­ze anzukündig­en. „Er weiß, dass er verloren hat“, hieß es. Wie es danach weitergeht, ist unklar. Ein Sonderpart­eitag im Januar ist im Gespräch. Der Vizechef des Arbeit

CDA, Dennis Radtke, mahnt, die Parteiführ­ung müsse jetzt eine ordentlich­e Debatte organisier­en: „Die Art und Weise, wie einige in der Union in den letzten Tagen im Stil einer Generalabr­echnung diskutiert haben, dürfen wir nicht fortsetzen“, sagte er unserer Redaktion. Die CDU müsse handlungsf­ähig bleiben, auch wegen der Landtagswa­hlen 2022 unter anderem in NRW. Radtke forderte, die Erneuerung der Union müsse in der Mitte stattfinde­n, dort seien 2,5 Millionen Wähler an SPD und Grüne verloren worden.

Söder stellt sich indes schon auf eine neue Frontstell­ung ein. In den Sondierung­en mit den Grünen seien Differenze­n etwa bei Migration, Verschuldu­ng oder der Drogenpoli­tik deutlich geworden, meinte der CSU-Chef. Eine Ampel-Koalition werde eine „ganz, ganz gewaltige Herausford­erung für das Land“.

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MONTAGE ZRB: ISTOCK,GETTY,AFP,FFS Mögliche Ampel-Partner: Olaf Scholz (SPD), Christian Lindner (FDP) und Annalena Baerbock (Grüne).
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FOTO: DPA Armin Laschet, CDU-Chef und Ministerpr­äsident von NRW.
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FOTO: DPA Markus Söder, CSU-Chef und Ministerpr­äsident von Bayern.

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