Belästigung am Arbeitsplatz Aus dem Gerichtssaal
Geschichte der vermeintlich Geschädigten kann das Gericht nicht überzeugen
Gotha. Viele Jahre bis zu seinem 80. Geburtstag fehlen nicht mehr. Der Mann kann auf ein erfolgreiches Berufsleben blicken, hat ein Unternehmen aufgebaut, das weitergeführt wird. Und er selbst ist dort auch noch tätig, um Arbeitskräfte anzulernen. So gar nicht passen die Vorwürfe in dieses Bild, die von der Staatsanwältin erhoben werden. Der Angeklagte soll eine junge Kollegin sexuell belästigt haben.
Zunächst habe er ihr in den Schritt gefasst und gefragt, ob sie etwas fühlt. Wenig später habe er die Hand in ihre Hose gesteckt und mit der anderen in Richtung Brust gefasst. Das jedenfalls hat die 29-Jährige zu Protokoll gegeben, auf dem die Anklage fußt. Nun ist sie nicht unmittelbar nach der Tat zur Polizei gelaufen, um Anzeige zu erstatten. Sie habe, gibt sie im Zeugenstand an, bereits am nächsten Tag nach den beiden Vorfällen gekündigt.
Daraus jedoch eine große Sache zu machen, sei nicht ihr Ding. Erst als ihr damaliger Freund sie gedrängt habe, sei sie schließlich zur Polizei gegangen.
Bei der Zeugenbefragung im Gerichtssaal gibt die junge Frau an, dass der Angeklagte ihr an den Oberschenkel gefasst und versucht habe, sie auf seinen Schoß zu ziehen. Auch den zweiten Fall schildert sie nicht mehr so dramatisch, wie in ihrer ersten Aussage. Hier habe er lediglich seine Hand unters Top geschoben. An etwaige Äußerungen des Mannes kann sie sich nicht erinnern. Das ist für den Verteidiger brauchbare Munition.
Er ist ohnehin überzeugt, dass sein Mandant Opfer einer Intrige ist. In der Sache war bereits im Sommer vorm Amtsgericht Gotha verhandelt worden. Ohne Ergebnis, weil die 29-Jährige nicht erschienen war. Der Anwalt des Angeklagten erinnerte dran, dass seinerzeit deutlich wurde, wie sehr die Beziehung zu ihrem Freund bröckelte, weil sie sich mit einem anderen Partner eingelassen habe. Das Scheitern vor
Auge habe die Frau den Übergriff erfunden, um zu retten, was nicht zu retten war, wie man heute weiß. Zumal ihr damaliger Freund im Zeugenstand berichtet, dass er zu diesem Zeitpunkt aus der gemeinsamen Wohnung bereits ausgezogen war.
Dieser schildert auch, wie heftig er auf seine damalige Freundin einreden musste, um sie zu einer Anzeige bei der Polizei zu bewegen. So etwas, sagt er, könne man nicht einfach auf sich sitzen lassen. Und da Selbstjustiz verboten sei, bleibe ja nur die Polizei.
Auch der Staatsanwältin sind die Unterschiede in den Aussagen der Frau suspekt. Zu gern geht sie deshalb auf den Vorschlag von Richterin Wera Luckhardt ein, das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen.
Mit 500 Euro ist diese im unteren Bereich angesiedelt. Doch der Verteidiger macht umgehend klar, dass mit ihm solch ein Deal nicht zu machen ist. Sein Mandant habe die Taten nicht begangen, würde er den Vorschlag des Gerichts annehmen, käme das einem Schuldeingeständnis gleich.
Auch wenn die Angeklagte ihre Vorwürfe ohne Belastungseifer vorgetragen hat, so entbehren sie doch jeglicher Grundlage. Deshalb komme für ihn ausschließlich ein Freispruch ohne Wenn und Aber in Frage. Dem folgt schließlich das Gericht, weil nach Ansicht der Richterin die sexuelle Belästigung nicht beweisbar ist.