Flick setzt auf schnelle Verteidiger
Warum in der DFB-Elf derzeit kein Weg an Antonio Rüdiger und Niklas Süle vorbeiführt
Hamburg. Der Fußball hat sich längst dahinentwickelt, dass Verteidiger nicht mehr nur fürs Deftige zuständig sind. Was Niklas Süle und Antonio Rüdiger (Foto) am Mittwoch ganz nebenbei verdeutlichten, als sie auf dem Trainingsplatz am Hamburger Volksparkstadion den Ball jonglierten und dabei in keiner Art und Weise ungeschickter wirkten als ihre Offensivkollegen in der Nationalmannschaft. Vielmehr müssen Abwehrspieler mittlerweile ja sogar Fähigkeiten mitbringen, die früher weiter vorne auf dem Platz benötigt wurden: Passsicherheit, eine Finesse im Dribbling und vor allem Tempo.
Und damit führt der Weg zurück zu Süle und Rüdiger. Den beiden Innenverteidigern, denen Bundestrainer Hansi Flick bislang das Vertrauen schenkt und die sich anschicken, sich zu einer festverankerten Absicherung zu entwickeln. Denn die beiden wirken zwar äußerlich (vor allem Süle) ähnlich hünenhaft wie frühere Abwehrspieler, sie verfügen aber auch über eine enorme Grundschnelligkeit. Die braucht es für den Überfallfußball unter Flick. Der 56-Jährige schiebt seine Mannschaft weit nach vorne, lässt sie früh den Gegner nerven. Doch wenn sich dieser aus der Umklammerung befreit, sollten Flicks Defensivspieler möglichst schnell zurückfinden.
Und damit führt der Weg wiederum zu Mats Hummels von Borussia Dortmund, der selbst im Alter von 32 Jahren viele Kriterien eines modernen Abwehrspezialisten mitbringt. Wäre da nicht die mangelnde Schnelligkeit. Noch arbeitet der Weltmeister von 2014 nach einer komplizierten Vorbereitung an seiner Form. Hansi Flick verzichtet auf ihn deswegen bei den kommenden beiden WM-Qualifikationsspielen gegen Rumänien am Freitag und Nordmazedonien am Montag. Dies sei keine Ausmusterung, stellte der Bundestrainer im Vorfeld klar. An Rüdiger und Süle vorbeizukommen, dürfte für Hummels trotzdem kompliziert werden.
In jedem Fall schwärmt Antonio Rüdiger in Hamburg davon, wie schön es sei, gemeinsam mit Süle
Gegentore zu verhindern. Dieser sei zwar groß wie „ein Baumstamm“, jedoch zudem „gut schnell“. Für ihn persönlich sei Sprinten ohnehin kein Problem. Er fände sich deswegen im Flick-System gut zurecht. „Es ist besser, oben anzupressen, den Gegner zu Ballverlusten zu zwingen“, sagt Rüdiger. Nebenbei bemerkt, darf es durchaus als Kritik an Ex-Bundestrainer Joachim Löw verstanden werden, wie häufig die Spieler derzeit die neue Spielweise unter Flick loben.
Rüdiger schreckt ohnehin nicht vor deutlichen Worten zurück. Der 28-Jährige entwickelt sich zu einer Führungspersönlichkeit im Kreis der Nationalelf, die Erfolge beim FC Chelsea lassen ihn noch aufrechter umhermarschieren. „Ich befinde mich in einer guten Phase“, sagt er. Das fällt vielen auf, der FC Bayern soll an ihm Interesse haben.
Dort steht Niklas Süle unter Vertrag. In dieser Spielzeit steigt die Form des 26-Jährigen stetig und langsam erinnert man sich an die Gründe, warum die Bayern Mats Hummels 2019 bereitwillig an Dortmund verkauften, weil Süle die Abwehr anführen sollte. Jener Hummels wurde schon häufiger abgeschrieben und arbeitete sich doch wieder zurück. Es drängen allerdings weitere Konkurrenten.
Antonio Rüdiger stellte schon mal klar, dass es mit Blick auf die Winter-WM in Katar im nächsten Jahr wichtig sei, sich nun einzuspielen. Mit Niklas Süle, versteht sich.