Intensivstationen erreichen Limit
Mehr als jedes vierte Bett in Thüringen mit Covid-Patienten belegt. Bald erste Verlegungen
Erfurt/Gera. Die Zahl der auf Thüringer Intensivstationen behandelten Corona-Patienten könnte sich nach einer Prognose bis Ende November verdoppeln und einen Rekordwert erreichen. Wenn sich das Infektionsgeschehen weiter so entwickle und keine neuen Maßnahmen hinzukämen, könnten bis dahin 300 Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen sein, sagte Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke). Der bisherige Höchststand hatte im April bei etwa 220 Menschen gelegen.
Am Sonntag waren laut Zahlen des Divi-Intensivregisters 27 Prozent der in Thüringen verfügbaren Intensivbetten mit Covid-Patienten belegt. Es ist der bundesweit höchste Anteil. Dies sei eine dramatische Situation, sagte Werner. Derzeit seien 650 Intensivbetten betreibbar, Pflegekräfte hätten den Bereich teils verlassen. „Und das ist natürlich auch einschneidend.“Das führe dazu, dass bestimmte Operationen
nicht stattfinden könnten. Teilweise könne es auch dazu führen, dass es manchmal länger dauert, bis ein Unfallopfer das Bett erhalte, das es brauche.
Sie gehe auch davon aus, dass Thüringen demnächst Patienten in andere Bundesländer verlegen müsse, sagte Werner weiter. Derzeit reiche es noch aus, Patienten innerhalb des Freistaats zu verlegen.
„Wir merken: Wir können nicht mehr jeden sicher versorgen“, sagte auch die Intensivmedizinerin Caterina
Reuchsel vom Wald-Klinikum Gera. Teils würden Patienten eine Stunde mit dem Rettungswagen zu ihnen gefahren, weil andernorts keine Betten mehr frei seien.
Derzeit lägen bei ihr auf der Intensivstation 13 Corona-Patienten. Davon seien nur vier geimpft. „Das ist wirklich demoralisierend, wenn man weiß: Es ist vermeidbar.“Die vier Geimpften seien über 70 Jahre alt und hätten eigentlich schon eine Auffrischungsimpfung erhalten können.
Bundesweit überstieg die Zahl der seit Pandemiebeginn gemeldeten Corona-Infektionen die FünfMillionen-Grenze. Politiker und Experten äußerten große Sorge. „Die vierte Welle wird mehr Opfer verlangen als alles, was wir bisher kannten“, warnte etwa Sachsen Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Am Donnerstag könnte der Bundestag eine durch SPD, Grüne und FDP vorgelegte Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes beschließen. dpa