Ehegattensplitting: Reform gefordert
Wirtschaftsweise Monika Schnitzer warnt vor Altersarmut bei Frauen
Berlin. Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer hat sich für eine umfassende Reform des Ehegattensplittings ausgesprochen. „Durch das Ehegattensplitting haben viele Frauen keinen Anreiz, in Vollzeit zu arbeiten“sagte Schnitzer im Gespräch mit unserer Redaktion. „Die Steuerklassen 5 und 3 sollten abgeschafft und stattdessen nach Steuerklasse 4 besteuert werden.“
Schnitzer ist Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Die vier
Ökonomen, die dem Gremium angehören und der Bundesregierung beratend zur Seite stehen, werden als Wirtschaftsweise bezeichnet.
Ganz abschaffen könne man das Ehegattensplitting aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht, sagte Schnitzer. Die derzeitige Regelung könne aber zu Altersarmut führen, warnte sie. Häufig würden Frauen durch das Ehegattensplitting in Teilzeit- oder Minijobs wechseln. Sterbe der Ehepartner oder lasse man sich scheiden, stünden die Verdienstchancen schlecht. „Und weil man weniger in die Rentenkasse eingezahlt hat, rutscht man leichter in die Altersarmut ab“, warnte Schnitzer.
Dabei müssten nach Ansicht der Ökonomin Frauen stärker eingebunden werden, um dem Fachkräftemangel zu begegnen.
Einem höheren Mindestlohn von zwölf Euro, wie ihn die sich abzeichnende Ampel-Koalition in ihr Sondierungspapier geschrieben hat, steht Schnitzer offen gegenüber: „Bei Dienstleistungen – wie Friseuren – gibt es wenige negative Effekte, stattdessen steigen dafür die Preise für diese Leistungen. Bei Branchen mit handelbaren Gütern führt dies dazu, dass die Unternehmen produktiver werden müssen – was diese meistens auch schaffen.“.
Kritisch steht die 60-Jährige den bisherigen Subventionen für Dienstwagen und Diesel gegenüber. „Ich bin sehr dafür, dass solche Privilegien abgeschafft werden“, sagte Schnitzer.
Zugleich verteidigte sie die zuletzt umstrittene Pendlerpauschale – auch mit Blick auf die hohen Wohnraumpreise in den Ballungszentren. „Da sich Homeoffice immer mehr durchsetzt, ist es vielleicht sogar eine Lösung, etwas weiter rauszuziehen, weniger oft ins Büro zu fahren und dadurch auch seltener die Pendlerpauschale in Anspruch zu nehmen“, sagte Schnitzer. Diese Chance solle man den Menschen nicht nehmen.