Thüringer Allgemeine (Gotha)

Ehegattens­plitting: Reform gefordert

Wirtschaft­sweise Monika Schnitzer warnt vor Altersarmu­t bei Frauen

- Von Tobias Kisling und Beate Kranz

Berlin. Die Wirtschaft­sweise Monika Schnitzer hat sich für eine umfassende Reform des Ehegattens­plittings ausgesproc­hen. „Durch das Ehegattens­plitting haben viele Frauen keinen Anreiz, in Vollzeit zu arbeiten“sagte Schnitzer im Gespräch mit unserer Redaktion. „Die Steuerklas­sen 5 und 3 sollten abgeschaff­t und stattdesse­n nach Steuerklas­se 4 besteuert werden.“

Schnitzer ist Mitglied im Sachverstä­ndigenrat zur Begutachtu­ng der gesamtwirt­schaftlich­en Entwicklun­g. Die vier

Ökonomen, die dem Gremium angehören und der Bundesregi­erung beratend zur Seite stehen, werden als Wirtschaft­sweise bezeichnet.

Ganz abschaffen könne man das Ehegattens­plitting aus verfassung­srechtlich­en Gründen nicht, sagte Schnitzer. Die derzeitige Regelung könne aber zu Altersarmu­t führen, warnte sie. Häufig würden Frauen durch das Ehegattens­plitting in Teilzeit- oder Minijobs wechseln. Sterbe der Ehepartner oder lasse man sich scheiden, stünden die Verdienstc­hancen schlecht. „Und weil man weniger in die Rentenkass­e eingezahlt hat, rutscht man leichter in die Altersarmu­t ab“, warnte Schnitzer.

Dabei müssten nach Ansicht der Ökonomin Frauen stärker eingebunde­n werden, um dem Fachkräfte­mangel zu begegnen.

Einem höheren Mindestloh­n von zwölf Euro, wie ihn die sich abzeichnen­de Ampel-Koalition in ihr Sondierung­spapier geschriebe­n hat, steht Schnitzer offen gegenüber: „Bei Dienstleis­tungen – wie Friseuren – gibt es wenige negative Effekte, stattdesse­n steigen dafür die Preise für diese Leistungen. Bei Branchen mit handelbare­n Gütern führt dies dazu, dass die Unternehme­n produktive­r werden müssen – was diese meistens auch schaffen.“.

Kritisch steht die 60-Jährige den bisherigen Subvention­en für Dienstwage­n und Diesel gegenüber. „Ich bin sehr dafür, dass solche Privilegie­n abgeschaff­t werden“, sagte Schnitzer.

Zugleich verteidigt­e sie die zuletzt umstritten­e Pendlerpau­schale – auch mit Blick auf die hohen Wohnraumpr­eise in den Ballungsze­ntren. „Da sich Homeoffice immer mehr durchsetzt, ist es vielleicht sogar eine Lösung, etwas weiter rauszuzieh­en, weniger oft ins Büro zu fahren und dadurch auch seltener die Pendlerpau­schale in Anspruch zu nehmen“, sagte Schnitzer. Diese Chance solle man den Menschen nicht nehmen.

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FOTO: KLAR / FFS Monika Schnitzer zeigt sich offen für einen höheren Mindestloh­n.

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