Thüringer Allgemeine (Gotha)

Singende Pop-Gespenster

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Neulich habe ich freiwillig „Wetten dass…?“eingeschal­tet. Es hieß, Abba würde kommen. Ich wartete, dabei waren sie längst da. Sollten die beiden angegraute­n, leicht schwerhöri­gen Herren auf der Couch tatsächlic­h Björn und Benny sein? Ich hatte sie anders in Erinnerung. Vor 40 Jahren hatte die Band eine Pause eingelegt und vergessen, auf die Bühne zurückzuke­hren. Und wo waren Agnetha und Anni-Frid? Die Damen seien indisponie­rt, erklärte Benny. Oder Björn. Vermutlich musste Agnetha zum Yoga, und Anni-Frid hatte wegen Corona keinen Friseurter­min bekommen. Benny, wie man sehen konnte, auch nicht. Aber ist das wichtig? Wir reden über eine der erfolgreic­hsten Pop-Gruppen der Welt! Abba hat ein neues Album, ist wieder auf Platz 1 der Charts und will im kommenden Jahr ein Livekonzer­t geben. Also alles wie früher?

Nein. Abba wird in London gar nicht auf der Bühne stehen. Benny, Björn, Agnetha und Anni-Frid schicken ihre Avatare. Das sind singende Pop-Gespenster, die so aussehen wie Abba vor 40 Jahren. Wenn ich es richtig verstehe, wollen die Abba-Oldies (Durchschni­ttsalter 74,25 Jahre) das Konzert vorher im Homeoffice aufnehmen und ihre Jungpuppen tanzen lassen – ein Geisterspi­el. PR-Gag oder Pop-Revolution? Vielleicht auch nur mangelnder Respekt vorm eigenen Alter. Ich habe mir die neuen Songs mal angehört. Herzrasen ist da, glaube ich, nicht zu befürchten. Man könnte das Konzert auch altersgere­cht im Sitzen spielen.

Zurück zur „Wetten dass…?“-Show. Wer war eigentlich dieser Avatar neben Björn und Benny? Der im goldenen Anzug, mit den blonden Locken und der großen Nase?

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