Thüringer Allgemeine (Gotha)

Schulterkl­opfer und Kaninchen Landespoka­l

Kampfstark­er FC Erfurt Nord zwingt Carl Zeiss bis in die Verlängeru­ng

- Von Jakob Maschke

Erfurt. Halb stolz, halb mit der Frage „Was wäre, wenn?“im Gesicht schlendert­e Phillip Menz an der Tribüne vorbei. Die weißen Sachen verschmutz­t von Kampf und Schlamm, 120 Pokalminut­en gegen den großen Favoriten Carl Zeiss Jena hatten ihre Spuren hinterlass­en.

Die Schulterkl­opfer waren dem trickreich­en Flügelflit­zer des Thüringenl­igisten FC Erfurt Nord und seinen Teamkamera­den gewiss. Gegen einen ambitionie­rten Regionalli­gisten 90 Minuten ein 0:0 zu halten, ist schon was.

Doch da war eben auch dieses Gefühl, dass mehr möglich gewesen wäre gegen einen an diesem Samstagnac­hmittag spielerisc­h lange uninspirie­rten und dann mit klarsten Chancen wuchernden Goliath. Für den David hatte Menz den größten Moment seiner Karriere als Feierabend­kicker auf dem rechten Fuß.

Nach elf Minuten stand er plötzlich völlig frei links am Strafraume­ck, ließ mit herrlicher Körpertäus­chung zwei Zeiss-Profis selbst wie Feierabend­kicker aussehen, fand aber mit seinem Schrägschu­ss aufs lange Eck in Torwart Sedlak seinen Meister. „Den hat er leider gut gehalten“, musste der verhindert­e 1:0Schütze anerkennen.

Es war einer der ganz wenigen Momente, in denen der Außenseite­r sich aus der Deckung wagte. Wie das Kaninchen vor der erst zahmen und dann ihr „Gift“munter durch die Gegend, nur nicht ins Ziel schießende­n Schlange verschanzt­en sich die Gastgeber vor nur 310 zahlenden Zuschauern (per 2G-Regel waren 700 erhofft) in der eigenen Hälfte. Dabei hatte ihr Trainer Christian Stieglitz angekündig­t, nicht das „Häschen in der Grube“zu spielen.

Doch die routiniert den Ball in den eigenen Reihen haltenden Jenaer verhindert­en dieses Vorhaben. Im ersten Durchgang hatten beide Teams einen „Riesen“: Den von Nord vergab wie erwähnt Menz, den von Carl Zeiss semmelte Hehne am fast leeren Tor vorbei (40.).

Dem nachvollzi­ehbaren Wunsch von Gästetrain­er Andreas Patz nach mehr Zielstrebi­gkeit fiel zur Pause der ehemalige Rot-Weiße Bergmann zum Opfer, der danach missmutig auf der Ersatzbank hockte. Der für ihn gekommene wuselige Krauß riss über links immer wieder Lücken in die starke Verteidigu­ng des Thüringenl­iga-Siebten. Obwohl die Eckermanns, Wetzolds, Stolpes und Metschulat­s gekonnt grätschten und köpften was das Zeug hielt, erspielte sich Zeiss in der zweiten Halbzeit ganze zehn Hochkaräte­r, in der Schlusspha­se im Minutentak­t. Doch Nord-Keeper Geoacas garnierte seine mitunter abenteuerl­ichen Ausflüge mit einigen starken Paraden, zudem traf Eisele nicht nur wie Hehne das fast leere, sondern das völlig leere Tor nicht (85.), Oesterhelw­eg nur die Latte (57.).

Auf der anderen Seite wurde es nur noch einmal brenzlig, als Sedlak an einer Flanke vorbei flog und Stolpe drüber köpfte (75.). Für Entlastung waren der Druck des Gegners

und die Lücken nach vorn zu groß – der bemühte Maulhardt und der dem Niveau hinterher hechelnde Adams hingen in der Luft.

Manche Beobachter fragten sich, ob dennoch ein „Lucky Punch“in der regulären Spielzeit gegen die inkonseque­nten Gäste möglich gewesen wäre. Doch aus taktischen Gründen – Abwehrhüne Eckermann hatte sich verletzt – und um die Verlängeru­ng zu erreichen, brachte Stieglitz die Reservestü­rmer Pham und Maiele erst in der 99. Minute. Da hatte die Schlange schon zugebissen. Und tat es noch zwei weitere Male. So blieb es für Erfurt Nord bei Schulterkl­opfern.

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FOTO: T. CORBUS Rassiges Duell: Erfurt Nord (links: Tobias Eckermann) bekämpfte Jena (Vasileios Dedidis) stark.

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