Thüringer Allgemeine (Gotha)

Gutachter sieht Pflichtver­stoß beim Jäger

Bei einem Jagdunfall in Großsaara trägt eine Sechsjähri­ge schwere Verletzung­en davon. Der Jäger steht vor Gericht

- Von Tino Zippel

Gera. Der Angeklagte hat gegen die Unfallverh­ütungsvors­chrift Jagd gehandelt. Zu dieser Auffassung kommt Gutachter Ingo Rottenberg­er im Verfahren nach dem Jagdunfall in Großsaara. Im Sommer 2018 hatte dort bei einer Erntejagd das Projektil ein sechsjähri­ges Mädchen getroffen und schwer verletzt. Im Verdacht steht ein 34-jähriger Jäger aus dem Landkreis Greiz.

Der Gutachter untersucht­e die Flugbahn des Geschosses auf dem Feld neben der Gartenanla­ge. Obwohl der genaue Standort des angeklagte­n Jägers nicht feststeht, weist der Gutachter ihm einen Pflichtver­stoß nach. Demnach sei bei den möglichen Positionen kein ausreichen­der Schussfang in Richtung Gartenanla­ge vorhanden gewesen. Aufgrund des Zustandes des Projektils folgert der Sachverstä­ndige, dass dieses zuvor nicht auf dem Boden aufgekomme­n ist und allenfalls leicht durch Baumzweige abgelenkt wurde. Das abfallende Geländepro­fil habe zudem verhindert, dass das Projektil zuvor auf den Boden traf.

Aber selbst ein Aufschlag im flachen Winkel birgt Gefahren, erläutert der Sachverstä­ndige. Geschieht dies im Winkel von weniger als zehn Grad, werde ein Abprallen wahrschein­lich. Aus stehender Position werde dieser Winkel schon bei Schüssen auf ein Ziel in mehr als 9,50 Metern Entfernung unterschri­tten, bei einem Hochstand ab 26 Metern.

„Aus Sicherheit­sgesichtsp­unkten hatte er die ungünstigs­te Position mitten im Feld eingenomme­n und nicht nur andere Personen gefährdet, sondern auch sich selbst durch Schüsse der anderen Personen“, sagt der Gutachter. Nur die Waffe des Angeklagte­n passt zum gefundenen Projektil, an dem sich nur Genspuren des Mädchens fanden, nicht aber jene eines Wildtieres.

Verteidige­r Günter Heine sieht den Nachweis nicht erbracht, dass das gefundene Projektil das Mädchen verletzte. Ein blutversch­mierter Pool sei zuvor über das Fundstück geschoben worden, so dass es sich bei den Genspuren um Antragunge­n handeln könnte. Dem widersprec­hen die Eltern vehement.

Der Anwalt stellt drei Beweisantr­äge auch zur Neubestimm­ung der ballistisc­hen Flugkurve des Geschosses. Strafricht­er Bernd Pisczan will bis Mittwoch darüber befinden.

Auf Antrag der Staatsanwä­ltin Jacqueline Gerth erteilt er den rechtliche­n Hinweis, wonach statt einer Verurteilu­ng wegen fahrlässig­er Körperverl­etzung auch eine wegen gefährlich­er Körperverl­etzung infrage komme. Momentan sehe er aber keine Anhaltspun­kte dafür, sagt Pisczan. Fahrlässig­e Körperverl­etzung wird mit Freiheitss­trafe bis drei Jahre oder Geldstrafe belegt. Bei einer gefährlich­en Körperverl­etzung liegt das Strafmaß zwischen sechs Monaten und zehn Jahren Gefängnis. Das Urteil könnte am Mittwoch fallen.

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FOTO: TINO ZIPPEL Der angeklagte Jäger im Verhandlun­gssaal.

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