Wo sich der Immobilienkauf lohnt
In Zeiten hoher Mieten und Inflation wächst das Interesse am Hauserwerb. Mieten ist oft aber die günstigere Wahl
Berlin. Die Corona-Krise hat bei vielen Mieterhaushalten Sehnsüchte geweckt. Die eigene Stadtwohnung erschien plötzlich zu klein, ein eigenes Häuschen oder zumindest eine Wohnung im Grünen sollte es künftig sein, wie die gestiegene Anzahl von Anfragen nach Immobilien im Umland der Städte bei den großen Immobilienportalen nahelegt. Deutschland aber ist ein Land der Mieter, nur rund 42 Prozent der hiesigen Haushalte leben in den eigenen vier Wänden. Dabei würden drei von vier Deutschen gern Wohneigentum besitzen, wie eine ForsaUmfrage zeigt. Zumal es sich in puncto Wertsteigerung ausgezahlt hätte. In den vergangenen fünf Jahren hat der Häuserpreisindex, den das Statistische Bundesamt herausgibt, um 38,2 Prozent zugelegt.
Dass die Preise weiter nach oben gehen werden, glaubt Marc Sahling, Geschäftsführer des Immobilientransaktionsberaters Dr. Lübke & Kelber. „Der Wohnimmobilienmarkt hat sich durch die CoronaPandemie nicht signifikant verändert oder verschlechtert. Es ist ein sehr stabiler, sicherer und wenig volatiler Markt, was ihn für Investments interessant macht“, sagte Sahling unserer Redaktion. Einmal pro Jahr veröffentlicht der Immobiliendienstleister das „Risiko-Rendite-Ranking“, eine Studie, welche 111 deutsche Städte auf ihre Attraktivität für den Eigentumserwerb untersucht. Die diesjährige Auswertung liegt unserer Redaktion vor.
Sie zeigt: Kaufen kann mit der Aussicht auf eine Wertsteigerung der Immobilie nach wie vor attraktiv sein. Will man sich auf diese Wertsteigerung aber nicht verlassen, kommen Mieterinnen und Mieter oft günstiger weg. „Es sind nur noch sieben Städte, in denen die Relation so ist, dass sich Kaufen eher empfiehlt als Mieten“, sagt Sahling. Denn i-n Dessau-Roßlau, Gera, Herne, Gelsenkirchen, Salzgitter, Bremerhaven und Saarbrücken ist das Preisniveau von Bestandseigentumswohnungen laut der Studie so gering, dass sich Kaufen lohnt.
Zum Vergleich: Vor einem Jahr war es noch in 35 der 111 Städte günstiger, eine Eigentumswohnung im Bestand zu erwerben. Noch drastischer sieht es im Neubau aus. Dort gilt lediglich für Dessau-Roßlau, Kaiserslautern und Frankfurt (Oder), dass der Kauf zu einer dauerhaft geringeren finanziellen Belastung als die Miete führt.
Mietbelastungen liegen teils deutlich über Empfehlungen Dabei ist auch die Miete in diesen Städten oft noch gering. Empfohlen wird, dass nicht mehr als 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens für die Miete ausgegeben werden. In Städten wie Dessau-Roßlau müssen Mieterinnen und Mieter nur 20,55 Prozent aufbringen. In Gütersloh zahlen Mieterinnen und Mieter selbst in Neubauwohnungen nur rund 22,6 Prozent ihres Haushaltsnettoeinkommens
für die Miete.
Ganz anders sieht es in den Metropolen aus. Obwohl es bei Bestandswohnungen viele noch günstige Altverträge gibt, liegt die Mietbelastung in München den Daten zufolge bereits bei 32,34 Prozent, in Berlin bei 31,14 Prozent. Drastisch wird es bei Neubauwohnungen. Hier geben Berlinerinnen und Berliner im Schnitt 45,39 Prozent ihres Haushaltsnettoeinkommens aus. Kaufen aber ist noch weniger eine Option. Dauerhaft würde die Belastung laut der Analyse bei 57,45 Prozent liegen – und damit sogar höher als in München (54,10 Prozent).
Berechnet man Annahmen zur Bevölkerungsentwicklung, zur wirtschaftlichen Entwicklung und der Miet- und Kaufpreisentwicklung hinzu, kann sich der Kauf aber selbst in teuren Lagen lohnen. Gemessen am Risiko versprechen der Studie zufolge Potsdam, Landshut und Leipzig das günstigste Verhältnis von Risiko zu Rendite.
Hier zeigt sich der Umkehrschluss zu den vermeintlich günstigen Kaufpreisen: Städte wie Dessau-Roßlau, Gera oder Frankfurt (Oder) sind in puncto Renditeerwartungen Schlusslichter.
Deutlich besser schneiden Städte in der direkten Nähe zu Metropolen, etwa Darmstadt, Lüneburg oder Hanau, ab. Dort sind in mittleren Lagen der Studie zufolge Renditen zwischen 3,8 und 4,6 Prozent möglich – vorausgesetzt, man kann sich die oftmals horrenden Kaufpreise überhaupt noch leisten.