Polen fürchtet gewaltsamen Sturm auf die Grenze
Lage an der Grenze zu Belarus spitzt sich zu – EU-Außenminister beschließen Sanktionen, Merkel spricht mit Lukaschenko
Die polnischen Sicherheitsbehörden befürchteten am Montag einen gewaltsamen Grenzdurchbruch von Tausenden Migranten, die sich auf der belarussischen Seite beim geschlossenen Grenzübergang Kuznica versammelt haben. Eine polnische Grenzschutzsprecherin sagte: „Wir haben alle verfügbaren Kräfte dorthin beordert.“Vorsorglich wurden Schulen in der Region geschlossen. Das Verteidigungsministerium in Warschau erklärte, die Migranten würden von belarussischen Sicherheitskräften angetrieben.
Die neue Zuspitzung überschattet wichtige Entspannungssignale. So will die irakische Regierung in
Kürze Hunderte Iraker auf „freiwilliger Basis“zurück nach Bagdad bringen. Ein erster Flug würde am Donnerstag starten.
Für Entspannung dürfte sorgen, dass es der EU gelungen ist, in Gesprächen mit zahlreichen Regierungen die Flugrouten von Nahost nach Belarus weitgehend zu verschließen. Beim Außenministertreffen in Brüssel erklärte der EUAußenbeauftragte Josep Borrell, die Lage sei fast unter Kontrolle. Ranghohe EU-Vertreter hatten den Regierungen zahlreicher Herkunftsländer mit Landeverboten gedroht. Den Weg für solche Sanktionen machten die Außenminister frei – ab sofort kann die EU auch die Beteiligten an Schleusungen bestrafen. Die wichtigsten betroffenen
Airlines erklärten vorbeugend, sie würden Migrantenflüge beenden.
Kanzlerin Merkel telefonierte am Montagabend überraschend mit Lukaschenko und sprach mit ihm über die Lage der Flüchtlinge im Grenzgebiet. Es handelte sich um das erste Telefonat eines europäischen Regierungs- oder Staatschefs mit Lukaschenko seit dessen umstrittener Wiederwahl im vergangenen Jahr. Außenminister Heiko Maas (SPD) warnte derweil: „Wir sind noch lange nicht am Ende der Sanktionsspirale.“Lukaschenko drohte für den Fall neuer Sanktionen mit Gegenmaßnahmen und warnte, er könne die Flüchtlinge „mit unseren eigenen Flugzeugen nach München schicken falls nötig“.