Deutschlands ältestes Uni-Radio feiert in Ilmenau Geburtstag
Seit über 70 Jahren sendet der Hochschulfunk der Technischen Universität. Für manche ist die Mitarbeit der Beginn einer Moderatoren-Karriere
Im Keller eines Wohnheims wird der Radiohit „Watermelon Sugar“von Harry Styles langsam leiser. „Damit sind wir raus und wünschen euch einen schönen Tag! Ihr hört Radio HSF“, moderiert eine Studentin die Morgensendung von Deutschlands ältestem Hochschulradio in Ilmenau ab.
Der Keller wirkt wie eine verrückte Mischung aus Studierendenverein und professionellem Radiosender – auf der einen Seite Sofas aus den 90er-Jahren, selbst gemachte Memes und ein Molchmaskottchen Namens Pegi. Auf der anderen Seite zwei professionell eingerichtete Studios mit Mischpulten, Mikrofonen
und Computern. Einen Zwischenraum füllen 15.000 akribisch sortierte CDs.
„Die erste Vereinssatzung stammt vom 14. November 1991. Deshalb nehmen wir dieses Datum als Gründung an, aber die erste Sendung vom HSF lief schon 1950“, sagt der Vorstandsvorsitzende des Hochschulfunks (HSF) der Technischen Universität Ilmenau, Niclas Fuchs. Gekleidet in einem HSF-Pullover, mit HSF-Kaffeetasse in der Hand, präsentiert der studentische Chef den Hochschulradiosender.
Für Verwirrung sorgt mitunter, dass das Hochschulradio „Mephisto“der Universität Leipzig auch für sich in Anspruch nimmt, das älteste zu sein. „Das Hochschulradio HSF in Ilmenau gibt es seit Mai 1950, es ist mehr als 70 Jahre alt. Es ist damit das älteste Hochschulradio Deutschlands“, stellt die Landesmedienanstalt Thüringen klar.
Wer hört einen kleinen Spartenradiosender wie den HSF? Beim UKW-Programm ist das kaum nachvollziehbar, den Webstream ruft in der Regel ein Dutzend Zuhörer ab in der Spitze bis zu 100, sagt Franziska Wehr, die die Morgensendung moderiert.
Dieses Schicksal teilt der HSF mit anderen Studentenradios in Deutschland. Und doch ist die Mitarbeit dort für viele auch ein Einstieg in den Beruf des Journalisten. 1Live-Moderatorin Donya Farahani startete beim Sender „Kölncampus“,
der Chefredakteur des OnlineSenders Stuggi-TV, David Rau, beim Stuttgarter Hochschulradio „Horads 88,6“. Zwar habe er damals so wie die Studierenden beim HSF nicht gewusst, wer oder ob überhaupt jemand zugehört habe, aber auch ihm sei das damals nicht so wichtig gewesen. „Es ging darum, sich in der riesigen Breite an Möglichkeiten auszuprobieren.“
Diese Erfahrung machen auch Studentinnen und Studenten vom HSF. Sie erzählen, wen sie schon alles interviewt haben. „Wir hatten schon Anton Hofreiter am Mikrofon, Christian Lindner, Gregor Gysi – da sind schon einige Größen dabei“und nicht zu vergessen, die Kanzlerin höchstpersönlich. dpa