Lage in Kliniken längst dramatisch
180 stationäre Covid-Fälle
Jena. Bei der Behandlung von Covid-19-Patienten steuern die Thüringer Krankenhäuser erneut auf eine dramatische Lage zu. Mit aktuell 180 stationären Fällen, von denen 94 invasiv beatmet werden, ist der bisherige Höchstwert (240 Fälle) vom Jahreswechsel 2020/2021 zwar noch nicht erreicht. Doch nach den Worten des Landeskoordinators der Intensivversorgung, Michael Bauer, stehen inzwischen wegen der andauernden Belastung des Pflegepersonals auch 25 bis 30 Prozent weniger betreibbare Intensivbetten zur Verfügung. „Die Intensivstationen sind am Limit oder schon darüber“, sagt Bauer. In Südwestthüringen etwa seien bereits 60 bis 70 Prozent der Intensivbetten mit Covid-19-Patienten belegt, „der Restbetrieb ist nur noch auf Sparflamme möglich“.
Da die Personalsituation bundesweit ähnlich sei, zudem die Kliniken in Sachsen und Brandenburg keine Kapazitäten zur Behandlung schwerst kranker Thüringer hätten, müsse Thüringen bei weiter steigenden Fallzahlen erneut Patienten nach Norddeutschland verlegen.
Unerklärlicherweise schrecke das Impfunwillige genauso wenig ab wie der Anblick von Angehörigen, die an die künstliche Lunge angeschlossen wurden: „Wir haben Patienten zwischen Leben und Tod, in deren Familie niemand geimpft ist. Da fehlen einem die Worte.“Es sei für die Ärzte und Pflegekräfte „schwer erträglich“, für Menschen, „die ihren Individualismus ausleben“, Dinge tun zu müssen, die das Gesundheitssystem „bis auf das Äußerste belasten“, sagt Bauer. „Und das alles nur, weil die Leute stur wie ein Kamel sind.“In 30 Jahren, die er als Intensivmediziner arbeite, habe er noch nie eine solche Situation erlebt. Die Weigerung, sich impfen zu lassen, führe dazu, dass das seit Bismarcks Zeiten bewährte solidarische Gesundheitssystem „geschreddert“werde. Denn die Behandlung von Covid-19-Fällen erfolge auf dem Rücken von Patienten mit anderen Diagnosen. „Es wird Jahre dauern, das zu reparieren.“