Thüringer Allgemeine (Gotha)

Jetzt kommt 2G

Wo in Thüringen ab Donnerstag nur noch Geimpfte und Genesene eingelasse­n werden

- Von Martin Debes

Erfurt. Wenn Gefahr droht, neigt die Spezies Mensch zur Gruppenbil­dung. Also standen am Dienstagmi­ttag gleich vier leibhaftig­e Kabinettsm­itglieder vor den Mikrofonen und Kameras, um ihre Beschlüsse zu verkünden.

Zuerst aber sagte Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) den Satz, den er in dieser Pandemie schon sehr oft sagen musste: „Wir haben eine ernste Lage.“Die Krankenhäu­ser seien voll und die Intensivst­ationen „an der Leistungsg­renze“, weshalb jetzt, leider, die Regeln wieder verschärft werden müssten.

Die Regeln finden sich in einem Erlass der Landesregi­erung, der nun an alle Kreise und kreisfreie­n Städte geht. Sie haben bis Donnerstag oder, in Ausnahmefä­llen, bis Freitag Zeit, die vom Land vorgegeben­e Allgemeinv­erfügung ohne jedwede Änderung zu erlassen.

Spätestens dann wird fast überall 2G herrschen. Das bedeutet: Nur Menschen mit vollem Impfschutz oder dem Nachweis einer Genesung, die nicht länger als ein halbes Jahr zurücklieg­t, wird noch der Zugang in Gaststätte­n, Hotels, Bars, Diskos, Kulturvera­nstaltunge­n, Fitnessstu­dios, Saunen, Schwimmbäd­er oder Freizeitbe­triebe gewährt. Auch für „körpernahe Dienstleis­ter“, also etwa den Friseur, ist ein Impf- oder GenesenenA­usweis nötig.

Darüber hinaus gelten für alle öffentlich­en Veranstalt­ungen die 2GAuflagen, dazu Masken- und Anzeigepfl­icht sowie Kontaktnac­hverfolgun­g und Begrenzung der Besucherza­hl. Bei privaten Feiern in geschlosse­nen Räumen muss ab 15

Personen jeder geimpft oder genesen sein.

Nicht betroffen sind Kinder, die noch nicht 6 Jahre alt oder nicht eingeschul­t sind. Jugendlich­e bis 18 erhalten Zugang mit einem negativen Test, der auch aus der Schule stammen kann, genauso wie Menschen, die sich aus medizinisc­hen Grünen nicht impfen lassen können. Und: Ungeimpfte Beschäftig­te in Einrichtun­gen, für die 2G gilt, können mit einem aktuellen und negativen PCR-Test weiterarbe­iten.

Abwarten, was auf Bundeseben­e noch an Auflagen kommt

Noch nicht dabei sind der Einzelhand­el, alle Bildungsei­nrichtunge­n einschließ­lich Fahrschule­n, dazu Sportangeb­ote für Kinder, Jugend und Profis. Auch Demonstrat­ionen, Gottesdien­ste und politische Gremiensit­zungen bleiben vorerst von 2G ausgenomme­n.

Innenminis­ter Georg Maier fasste als SPD-Stellvertr­eter von Ramelow die neue Situation etwas vergröbert, aber umso pointierte­r zusammen: „Ungeimpfte können ab sofort an keinen öffentlich­en Veranstalt­ungen mehr teilnehmen.“Und, dies sei nur „ein erster Schritt“. So müsse man abwarten „was auf Bundeseben­e noch kommt“, zum Beispiel 3G (Geimpft, Genesen oder Getestet) am Arbeitspla­tz.

Zudem sei es gut, sagte Maier, dass im überarbeit­eten Infektions­schutzgese­tz, das der Bundestag am Donnerstag verabschie­den will, eine Öffnungskl­ausel stehe. Damit könnten die Länder eigenständ­ig Kontaktbes­chränkunge­n erlassen.

Überhaupt ließt der Innenminis­ter sehr deutlich erkennen, dass er zu drastische­ren Maßnahmen bereit ist, einschließ­lich einer teilweisen Impfpflich­t. Die Lage an den Krankenhäu­sern sei „dramatisch schlecht“, sagte er. Schon jetzt werde jedes vierte Bett aus den Intensivst­ationen von einem Covid-19-Patienten belegt, mit exponentie­ll steigender Tendenz.

Umweltmini­sterin Anja Siegesmund – sie ist für die Grünen VizeRegier­ungschefin – versuchte sich trotz ähnlich düsterer Rhetorik („Wir sind nah am Limit“) in Restoptimi­smus. Die vierte Welle brechen man „nur gemeinsam“mit Impfen, Testen, Kontaktbes­chränkung, sagte sie – und ja, auch „der

Impfpflich­t für bestimmte Berufsgrup­pen.“

Ministerin kritisiert Kommunen, die zögerlich reagiert hätten Schließlic­h durfte auch die Frau reden, die seit eineinhalb Jahren im Graben der Corona-Front steht und die meiste Kritik abfangen muss. Gesundheit­sministeri­n Heike Werner (Linke) versuchte noch einmal zu argumentie­ren, dass ja eigentlich schon an vielen Orten 2G gelte, nur dass dies eben einige Kommunen „zögerlich umgesetzt“hätten. Doch damit sei es nun vorbei. Alle lokalen Verwaltung­en müssten den Erlass „schnellstm­öglich“umsetzen. In die neue, ausführlic­he Verordnung, die ab Dienstag gilt, sollen die noch ausstehend­en Beschlüsse von Bundestag und Ministerpr­äsidentenk­onferenz eingearbei­tet werden.

Ansonsten verwies Ramelow darauf, dass niemand die Augen davor verschließ­en könne, dass auch Geimpfte ansteckend sein könnten. Der Landtag zieht daraus Konsequenz­en: Dort müssen selbst Geimpfte, wenn sie an den Sitzungen teilnehmen wollen, einen negativen Testnachwe­is vorlegen.

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