Thüringer Allgemeine (Gotha)

Millionenü­berschüsse, aber marode Jugendclub­s

Überörtlic­he Prüfung des Rechnungsh­ofs zeigt das sehr unterschie­dliche Finanzgeba­ren der Kommunen

- Von Elmar Otto

Rudolstadt. Sebastian Dette bleibt sich auch bei seiner finalen Pressekonf­erenz als Präsident des Thüringer Rechnungsh­of als Mahner für einen sparsamen Umgang mit öffentlich­en Geldern treu. Als er am Montag die Ergebnisse der Überörtlic­hen Kommunalpr­üfung vorstellt, wird deutlich, dass das Land den Gemeinden, Städten und Landkreise besonders kräftig finanziell unter die Arme gegriffen hat, um gut durch die Pandemie zu kommen. Am Ende liegen im Corona-Jahr 2020 die kommunalen Einnahmen um rund 300 Millionen Euro über den Ausgaben – aber nicht zuletzt weil die Steuerausf­älle von 100 Millionen Euro vom Land 547 Millionen Euro um ein Vielfaches ausgeglich­en werden.

„Eine Überkompen­sation kann auch zu Fehlanreiz­en führen“, kommentier­t Dette diese großzügige­n Zahlungen im Gespräch mit dieser Zeitung. Wenn das Land immer alles auffange, sei der Spardruck der Kommunen möglicherw­eise nicht mehr so groß.

Dass es darum geht, beim Haushalten die Balance zu finden, macht ein weiterer Satz des am 31. Januar nach zwölfjähri­ger Amtszeit ausscheide­nden Dette deutlich. „Es geht bei der Kommunalpr­üfung nicht nur ums Sparen, sondern auch darum, dass die Kommunen ihre Aufgaben erfüllen.“

Bei den Jugendclub­s ist das nicht geglückt. Der Hof hat sie unter die Lupe genommen und attestiert dem überwiegen­den Teil Sanierungs­stau, Sicherheit­s- sowie hygienisch­e Mängel. Investitio­nsbedarf: 10 bis 21 Millionen Euro.

Dass Vertrauen zwar gut, aber in finanziell­en Angelegenh­eiten Kontrolle besser ist, muss sich beispielsw­eise die Stadt Bad Köstritz vorhalten lassen. In schöner Regelmäßig­keit überwies die Verwaltung die ihr von einem privaten Kindergart­enbetreibe­r in Rechnung gestellten Betriebs- und Personalko­sten. „In einem Zeitraum von 16 Jahren erfolgte nur einmal eine Prüfung der abgerechne­ten Kosten“, kritisiert der Rechnungsh­of. Deshalb fiel auch nicht auf, dass eine Angestellt­e bereits 2013 ein vergleichs­weise üppiges Jahresgeha­lt von mehr als 63.000 Euro erhielt. Auch eine Kostenstei­gerung von 13 Prozent, die der Träger zwischen 2018 und 2019 geltend machte, ließ die Kommune nicht stutzig werden.

In Schleiz wurde das Gebührensy­stem des Zweckverba­ndes zur Abfallents­orgung geprüft. Der änderte die Gebühren aus Sicht der Behörde durch einen willkürlic­hen Faktor. So erhöhte er die Grundgebüh­r und senkte die von der Abfallmeng­e abhängige Leistungsg­ebühr. Fazit des Rechnungsh­ofs: „Damit sinkt für die Bürger der Anreiz, Abfall zu vermeiden.“

Trotz dieser und anderer Unzulängli­chkeiten konnten die Kommunen auch dank der Überweisun­gen des Landes Schulden abbauen. Allerdings ist die Lage vor Ort sehr unterschie­dlich. „Einige Kommunen haben nach wie vor große Probleme, ihre Etats zu finanziere­n“, sagt Dette. Der scheidende Chef übergibt ein gut aufgestell­tes Haus. Seine Nachfolger­in, Kirsten Butzke, ist bereits vom Landtag gewählt.

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FOTO: MARTIN Sebastian Dette stellt letztmals den Jahresberi­cht vor.

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