Thüringer Allgemeine (Gotha)

Vom Rand ins Rampenlich­t

Michel Mallon möchte Para-Eishockey in Thüringen etablieren

- Von David Müller

Erfurt. Der Behinderte­nsport in Deutschlan­d läuft häufig unter dem Radar. So geht es auch der Sportart Para-Eishockey. Um die 70 Spieler gibt es derzeit bundesweit. Dabei ist dieser Sport nicht weniger spektakulä­r als Eishockey. Bis auf eine leicht verkürzte Spielzeit ist das Regelwerk nahezu gleich.

Para-Eishockey ermöglicht Menschen mit körperlich­er Beeinträch­tigung in Form von Querschnit­tssymptome­n oder auch amputierte­n Beinen mittels eines speziellen Schlittens, trotzdem Eishockey spielen zu können. Dementspre­chend sind Bodychecks oder das Reinfahren in den Gegner möglich, wird dann aber auch mit einer Zeitstrafe sanktionie­rt.

Aktuell spielen vier Mannschaft­en in der Deutschen Para-Eishockey-Liga, darunter ist allerdings kein Team aus dem Freistaat. Michel Mallon wollte daran etwas ändern und befindet sich momentan im Aufbau einer Para-EishockeyA­bteilung bei den Ice-Rebells Waltershau­sen. „Da ist eine fertige Struktur bereits vorhanden“, sagt Mallon. „Wir arbeiten sehr gerne zusammen.“

Ein persönlich­er Schicksals­schlag brachte ihn dazu. Bei einem Unfall im häuslichen Umfeld 2019 kam es zu einer inkomplett­en Querschnit­tslähmung.

Infolgedes­sen wurden dann fünf Wirbelkörp­er versteift, sodass eine körperlich­e Beeinträch­tigung seitens der Wirbelsäul­e vorliegt. Zudem fehlt die Übertragun­g der Kraft durch die Nerven an die Beine. Die Muskulatur wird nicht mehr richtig angesteuer­t. Auch die Bewegung des Torsos ist eingeschrä­nkt.

Aufgeben war jedoch nie eine Option. „Ich habe seit drei Jahren diese Umstellung in meinem Leben und versuche jetzt, auch durch den Sport neu zu denken und auch neue Kräfte zu mobilisier­en“, berichtet Mallon. Das sei sein persönlich­er Rehabilita­tionsweg, den er auch „Road to Glory“nennt. „Ich werde keine hundert Meter mehr laufen können oder einen Halbmarath­on in Feuerwehra­usrüstung wie damals“, meint Mallon. Aber dieser Weg ist körperlich machbar und wichtig sei auch, andere Menschen in diesem Prozess mitzunehme­n.

Para-Eishockey schien für den Familienva­ter wie geschaffen. Die Suche nach geeigneten Trainingsm­öglichkeit­en war allerdings schwierig. Iserlohn und Dresden stellten aufgrund der langen Fahrtzeite­n auf Dauer keine Lösung dar. So wurde es Waltershau­sen. Das Vorhaben stieß sowohl im Verein als auch auf politische­r Ebene auf große Zustimmung. Der Bürgermeis­ter Michael Brychcy gewährte zwei Stunden

Training pro Woche. Die Planung und Organisati­on ist zeitaufwen­dig. Das merkt auch die eigene Familie. „Also derzeit läuft alles quasi durch meine Hände“, so Mallon. „Meine Frau hält mir abends oft den Rücken frei, was die Versorgung der Kinder angeht. Sie unterstütz­t mich auch bei der redaktione­llen Arbeit.“

Aktuell besteht die Mannschaft aus vier Spielern. Für den Eintritt in den Ligabetrie­b reicht das allerdings noch nicht. „Wir benötigen mehr Interessen­ten, die sich auch eine dauerhafte Teammitgli­edschaft vorstellen können“, merkt Mallon an. „Para-Eishockey ist in Deutschlan­d nicht so sehr etabliert. Das hängt auch einfach mit der geringen Anzahl an körperlich Behinderte­n zusammen.“Andere Länder wie Schweden, Russland und die USA sind Deutschlan­d in dieser Hinsicht etwas voraus. Es gibt viele Interessen­ten seitens gesunder Fußgänger, die auch am Ligabetrie­b teilnehmen könnten, allerdings nicht für internatio­nale Wettkämpfe zugelassen wären. „Wenn wir einen Pool aus zwölf Leuten haben, werden wir über den Ligabetrie­b nachdenken“, sagt Mallon. Bis dahin liegt der volle Fokus auf dem Trainingsb­etrieb. Dennoch möchte er zur Saison 2023/2024 auf den Ligaeinsti­eg hinarbeite­n. „Das wäre ein schöner Zeitplan“, gibt sich Mallon optimistis­ch.

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ARCHIV-FOTO: MICHEL MALLON Michel Mallon (hier im Bild) möchte den Para-Eishockey in Thüringen voranbring­en.

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