Vom Rand ins Rampenlicht
Michel Mallon möchte Para-Eishockey in Thüringen etablieren
Erfurt. Der Behindertensport in Deutschland läuft häufig unter dem Radar. So geht es auch der Sportart Para-Eishockey. Um die 70 Spieler gibt es derzeit bundesweit. Dabei ist dieser Sport nicht weniger spektakulär als Eishockey. Bis auf eine leicht verkürzte Spielzeit ist das Regelwerk nahezu gleich.
Para-Eishockey ermöglicht Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung in Form von Querschnittssymptomen oder auch amputierten Beinen mittels eines speziellen Schlittens, trotzdem Eishockey spielen zu können. Dementsprechend sind Bodychecks oder das Reinfahren in den Gegner möglich, wird dann aber auch mit einer Zeitstrafe sanktioniert.
Aktuell spielen vier Mannschaften in der Deutschen Para-Eishockey-Liga, darunter ist allerdings kein Team aus dem Freistaat. Michel Mallon wollte daran etwas ändern und befindet sich momentan im Aufbau einer Para-EishockeyAbteilung bei den Ice-Rebells Waltershausen. „Da ist eine fertige Struktur bereits vorhanden“, sagt Mallon. „Wir arbeiten sehr gerne zusammen.“
Ein persönlicher Schicksalsschlag brachte ihn dazu. Bei einem Unfall im häuslichen Umfeld 2019 kam es zu einer inkompletten Querschnittslähmung.
Infolgedessen wurden dann fünf Wirbelkörper versteift, sodass eine körperliche Beeinträchtigung seitens der Wirbelsäule vorliegt. Zudem fehlt die Übertragung der Kraft durch die Nerven an die Beine. Die Muskulatur wird nicht mehr richtig angesteuert. Auch die Bewegung des Torsos ist eingeschränkt.
Aufgeben war jedoch nie eine Option. „Ich habe seit drei Jahren diese Umstellung in meinem Leben und versuche jetzt, auch durch den Sport neu zu denken und auch neue Kräfte zu mobilisieren“, berichtet Mallon. Das sei sein persönlicher Rehabilitationsweg, den er auch „Road to Glory“nennt. „Ich werde keine hundert Meter mehr laufen können oder einen Halbmarathon in Feuerwehrausrüstung wie damals“, meint Mallon. Aber dieser Weg ist körperlich machbar und wichtig sei auch, andere Menschen in diesem Prozess mitzunehmen.
Para-Eishockey schien für den Familienvater wie geschaffen. Die Suche nach geeigneten Trainingsmöglichkeiten war allerdings schwierig. Iserlohn und Dresden stellten aufgrund der langen Fahrtzeiten auf Dauer keine Lösung dar. So wurde es Waltershausen. Das Vorhaben stieß sowohl im Verein als auch auf politischer Ebene auf große Zustimmung. Der Bürgermeister Michael Brychcy gewährte zwei Stunden
Training pro Woche. Die Planung und Organisation ist zeitaufwendig. Das merkt auch die eigene Familie. „Also derzeit läuft alles quasi durch meine Hände“, so Mallon. „Meine Frau hält mir abends oft den Rücken frei, was die Versorgung der Kinder angeht. Sie unterstützt mich auch bei der redaktionellen Arbeit.“
Aktuell besteht die Mannschaft aus vier Spielern. Für den Eintritt in den Ligabetrieb reicht das allerdings noch nicht. „Wir benötigen mehr Interessenten, die sich auch eine dauerhafte Teammitgliedschaft vorstellen können“, merkt Mallon an. „Para-Eishockey ist in Deutschland nicht so sehr etabliert. Das hängt auch einfach mit der geringen Anzahl an körperlich Behinderten zusammen.“Andere Länder wie Schweden, Russland und die USA sind Deutschland in dieser Hinsicht etwas voraus. Es gibt viele Interessenten seitens gesunder Fußgänger, die auch am Ligabetrieb teilnehmen könnten, allerdings nicht für internationale Wettkämpfe zugelassen wären. „Wenn wir einen Pool aus zwölf Leuten haben, werden wir über den Ligabetrieb nachdenken“, sagt Mallon. Bis dahin liegt der volle Fokus auf dem Trainingsbetrieb. Dennoch möchte er zur Saison 2023/2024 auf den Ligaeinstieg hinarbeiten. „Das wäre ein schöner Zeitplan“, gibt sich Mallon optimistisch.