Thüringer Allgemeine (Gotha)

99 Tötungsdel­ikte ungeklärt

Keine zentrale Ermittlung­seinheit für ungelöste Fälle

- Von Sibylle Göbel

Erfurt. In Thüringen gelten noch immer viele Tötungsdel­ikte als ungeklärt: Das Thüringer Landeskrim­inalamt (LKA) gibt ihre Zahl auf Anfrage mit 99 seit 1980 an, worunter aber auch 22 Vermissten­fälle mit dem Verdacht auf ein Verbrechen fallen. Eine zentrale Bearbeitun­g dieser Fälle in Thüringen erfolge nicht, teilte eine Sprecherin mit. „Sobald aber neue Erkenntnis­se vorliegen, die zur Aufklärung führen könnten, werden diese Altfälle von den örtlich zuständige­n Kriminalpo­lizeiinspe­ktionen weiter bearbeitet.“Eine sogenannte Cold-Case-Unit, also eine Ermittlung­seinheit, die ausschließ­lich ungelöste

Kriminalfä­lle wieder aufrollt, existiere in Thüringen anders als beispielsw­eise in Schleswig-Holstein oder Niedersach­sen nicht.

Der Bund Deutscher Kriminalbe­amter fordert, bundesweit solche Einheiten als selbststän­dige Dienststel­len einzuricht­en, um Altfälle zu bearbeiten und möglichst aufzukläre­n. Auch die Soko „Altfälle“, die im Oktober 2016 in Thüringen ins Leben gerufen war, um vor allem ungeklärte Morde an Kindern aufzukläre­n, existiert nicht mehr: Sie hat bereits Mitte 2020 ihre Arbeit beendet, nachdem es ihr unter anderem gelungen war, im März 2018 und damit fast 27 Jahre nach der Tat den Mord an der zehnjährig­en Stephanie aus Weimar aufzukläre­n.

Hauptsächl­ich mit aktuellen Tötungsdel­ikten befasst sich nach LKA-Angaben ein im Sommer 2020 dort eingericht­etes Dezernat, das mit acht Beamten besetzt ist. Es komme zum Einsatz, sobald es von Staatsanwa­ltschaften oder Kriminaldi­enststelle­n angeforder­t werde. Parallel dazu arbeiten die Ermittler der Mordkommis­sion an mehreren ungeklärte­n Altfällen.

Zu den ungelösten Fällen gehöre der Mord an einer 35-jährigen Frau im Apoldaer Ortsteil Schöten, der inzwischen 18 Jahre zurücklieg­t. Die junge Mutter war im Januar 2004 in ihrem Auto sitzend erschossen worden. Ein Täter wurde nie ermittelt; in dem Fall gibt es nach LKA-Angaben „nichts Neues“.

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