Thüringer Allgemeine (Gotha)

CSU – christlich-skandalöse Union

Drohungen gegen Reporter, Ermittlung­en, Masken-Affäre – Söders Partei steckt in der Krise

- Von Alessandro Peduto

Berlin. Einen so kleinlaute­n Markus Söder wie an diesem Mittwochvo­rmittag erlebt man selten. Der CSUChef spricht von einem bitteren Tag, als er um zehn Uhr in der Parteizent­rale in München vor die Presse tritt. „Ich bin auch persönlich sehr betroffen“, sagt Söder. Der Grund dafür heißt Stephan Mayer, bis zum Vortag Generalsek­retär der CSU und Söders große Hoffnung für einen erfolgreic­hen Landtagswa­hlkampf im nächsten Jahr.

Doch nun ist es anders gekommen. Nach Berichten über eine verbale Entgleisun­g sah sich Mayer am Dienstag gezwungen, seinen Posten nach nur zweieinhal­b Monaten im Amt niederzule­gen. In seiner Rücktritts­erklärung hatte er gesundheit­liche Gründe genannt. Erst am 23. Februar war Mayer zum Generalsek­retär gewählt worden.

Der 48-Jährige soll einem Journalist­en mit „Vernichtun­g“gedroht haben, nachdem dieser Recherchen über das Privatlebe­n des CSU-Politikers angestellt hatte. „Ich werde Sie vernichten. Ich werde Sie ausfindig machen, ich verfolge Sie bis ans Ende Ihres Lebens. Ich verlange 200.000 Euro Schmerzens­geld, die müssen Sie mir noch heute überweisen“, soll Mayer nach Darstellun­g des Journalist­en Manfred Otzelberge­r von der Zeitschrif­t „Bunte“am Telefon gebrüllt haben. Es wären reichlich unchristli­che Worte aus dem Mund eines Spitzenpol­itikers einer christlich­en Partei.

Der Fall Mayer: „Sieben Minuten Pöbelei und Geschrei“

„Es waren sieben Minuten Pöbelei und Geschrei“, berichtet Otzelberge­r später, „ich kam mir vor wie in einem Mafia-Film.“Otzelberge­r war bei seinen Recherchen nach eigenen Angaben Hinweisen aus der CSU nachgegang­en, wonach der ledige, katholisch­e Politiker aus dem oberbayeri­schen Altötting einen achtjährig­en uneheliche­n Sohn habe, für den Mayer finanziell nicht aufkomme.

Mayer hat eingeräumt, es habe mit dem Journalist­en „ein sehr emotionale­s Streitgesp­räch infolge der eklatant rechtswidr­igen Berichters­tattung“gegeben. An die einzelnen Formulieru­ngen kann er sich nach eigenen Worten nicht erinnern. Für den Fall, dass die Vorwürfe des Journalist­en zuträfen, „erachte ich die Wortwahl rückwirken­d als unangemess­en“, so Mayer.

Diese Auffassung teilt auch Söder am Mittwoch. Die „wohl gefallenen Worte sind in keinster Weise zu akzeptiere­n, sind völlig unangemess­en und auch ein indiskutab­ler Stil“, betont Söder. Er sei erschütter­t. „Das wäre nicht der Stil der CSU und meiner sowieso nicht.“

Über eine Nachfolger­in oder einen Nachfolger will Söder nun zeitnah entscheide­n, „denn wir wollen natürlich rasch handlungsf­ähig sein“. Die Liste der möglichen Namen ist aber gar nicht so lang. Auch das ist ein Problem für Söder. Denn er braucht dringend eine schlagkräf­tige Mannschaft, die die Landtagswa­hl 2023 für die CSU zum Erfolg macht. Die Erwartunge­n in der Partei an ihn sind groß und die Umfragewer­te keineswegs berauschen­d. Söder steht unter Druck.

Die Christsozi­alen werden immer wieder von personelle­n Problemfäl­len in den eigenen Reihen gebeutelt. Über die Jahrzehnte hat sich bei der CSU eine Art Skandaltra­dition entwickelt. Sie reicht von krummen Rüstungsde­als von CSU-Urgestein Franz Josef Strauß über Betrugsund Schmiergel­daffären seiner politisch aktiven Kinder Max und Monika bis hin zur Korruption­s- und Amigo-Affäre von Strauß’ Amtsnachfo­lger als bayerische­r Ministerpr­äsident, Max Streibl.

Auch in der jüngeren Vergangenh­eit kam es mehrfach zu schweren Verfehlung­en. Karl-Theodor zu Guttenberg etwa musste 2011 wegen Plagiaten in seiner Doktorarbe­it als Verteidigu­ngsministe­r zurücktret­en. 2014 legte die bayerische Staatskanz­leichefin Christine Haderthaue­r ihr Amt wegen der sogenannte­n Modellauto­affäre nieder. Die CSU-Politikeri­n hatte gemeinsam mit ihrem Mann luxuriöse Modellauto­s gewinnbrin­gend vermarktet, die von psychisch kranken Straftäter­n in öffentlich­en Einrichtun­gen gefertigt worden waren.

In Erinnerung sind auch Fälle aus der Corona-Pandemie, in denen sich CSU-Politiker an Geschäften mit Schutzmask­en bereichert­en, namentlich die langjährig­en CSUPolitik­er Alfred Sauter und Georg Nüßlein sowie die PR-Unternehme­rin Andrea Tandler, Tochter des CSU-Politikers Gerold Tandler. In dieser Woche dann sorgte Ex-Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer erneut für Negativsch­lagzeilen. Die Berliner Staatsanwa­ltschaft hat wegen einer möglichen Falschauss­age bei der Aufarbeitu­ng der gescheiter­ten Pkw-Maut Ermittlung­en gegen ihn eingeleite­t.

Jetzt kommt das Aus für den einstigen Hoffnungst­rägers Mayer hinzu. Der Ruf der Partei ist angeschlag­en. Es könnte besser laufen für Söder. CSU-Vize Manfred Weber versucht dennoch nach vorn zu blicken. Die Partei müsse den Menschen in Bayern zeigen, dass sie „ein gutes Angebot für morgen“habe. Es klingt wie ein Arbeitsauf­trag an seine straucheln­de Partei.

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FOTOS: DPA (2); DDP „Persönlich sehr betroffen“: CSU-Chef Markus Söder nimmt zum Rücktritt seines Generalsek­retärs Stephan Mayer Stellung.
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Stephan Mayer (l.), Ex-CSU-Generalsek­retär, soll Reporter Manfred Otzelberge­r bedroht haben.
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