CSU – christlich-skandalöse Union
Drohungen gegen Reporter, Ermittlungen, Masken-Affäre – Söders Partei steckt in der Krise
Berlin. Einen so kleinlauten Markus Söder wie an diesem Mittwochvormittag erlebt man selten. Der CSUChef spricht von einem bitteren Tag, als er um zehn Uhr in der Parteizentrale in München vor die Presse tritt. „Ich bin auch persönlich sehr betroffen“, sagt Söder. Der Grund dafür heißt Stephan Mayer, bis zum Vortag Generalsekretär der CSU und Söders große Hoffnung für einen erfolgreichen Landtagswahlkampf im nächsten Jahr.
Doch nun ist es anders gekommen. Nach Berichten über eine verbale Entgleisung sah sich Mayer am Dienstag gezwungen, seinen Posten nach nur zweieinhalb Monaten im Amt niederzulegen. In seiner Rücktrittserklärung hatte er gesundheitliche Gründe genannt. Erst am 23. Februar war Mayer zum Generalsekretär gewählt worden.
Der 48-Jährige soll einem Journalisten mit „Vernichtung“gedroht haben, nachdem dieser Recherchen über das Privatleben des CSU-Politikers angestellt hatte. „Ich werde Sie vernichten. Ich werde Sie ausfindig machen, ich verfolge Sie bis ans Ende Ihres Lebens. Ich verlange 200.000 Euro Schmerzensgeld, die müssen Sie mir noch heute überweisen“, soll Mayer nach Darstellung des Journalisten Manfred Otzelberger von der Zeitschrift „Bunte“am Telefon gebrüllt haben. Es wären reichlich unchristliche Worte aus dem Mund eines Spitzenpolitikers einer christlichen Partei.
Der Fall Mayer: „Sieben Minuten Pöbelei und Geschrei“
„Es waren sieben Minuten Pöbelei und Geschrei“, berichtet Otzelberger später, „ich kam mir vor wie in einem Mafia-Film.“Otzelberger war bei seinen Recherchen nach eigenen Angaben Hinweisen aus der CSU nachgegangen, wonach der ledige, katholische Politiker aus dem oberbayerischen Altötting einen achtjährigen unehelichen Sohn habe, für den Mayer finanziell nicht aufkomme.
Mayer hat eingeräumt, es habe mit dem Journalisten „ein sehr emotionales Streitgespräch infolge der eklatant rechtswidrigen Berichterstattung“gegeben. An die einzelnen Formulierungen kann er sich nach eigenen Worten nicht erinnern. Für den Fall, dass die Vorwürfe des Journalisten zuträfen, „erachte ich die Wortwahl rückwirkend als unangemessen“, so Mayer.
Diese Auffassung teilt auch Söder am Mittwoch. Die „wohl gefallenen Worte sind in keinster Weise zu akzeptieren, sind völlig unangemessen und auch ein indiskutabler Stil“, betont Söder. Er sei erschüttert. „Das wäre nicht der Stil der CSU und meiner sowieso nicht.“
Über eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger will Söder nun zeitnah entscheiden, „denn wir wollen natürlich rasch handlungsfähig sein“. Die Liste der möglichen Namen ist aber gar nicht so lang. Auch das ist ein Problem für Söder. Denn er braucht dringend eine schlagkräftige Mannschaft, die die Landtagswahl 2023 für die CSU zum Erfolg macht. Die Erwartungen in der Partei an ihn sind groß und die Umfragewerte keineswegs berauschend. Söder steht unter Druck.
Die Christsozialen werden immer wieder von personellen Problemfällen in den eigenen Reihen gebeutelt. Über die Jahrzehnte hat sich bei der CSU eine Art Skandaltradition entwickelt. Sie reicht von krummen Rüstungsdeals von CSU-Urgestein Franz Josef Strauß über Betrugsund Schmiergeldaffären seiner politisch aktiven Kinder Max und Monika bis hin zur Korruptions- und Amigo-Affäre von Strauß’ Amtsnachfolger als bayerischer Ministerpräsident, Max Streibl.
Auch in der jüngeren Vergangenheit kam es mehrfach zu schweren Verfehlungen. Karl-Theodor zu Guttenberg etwa musste 2011 wegen Plagiaten in seiner Doktorarbeit als Verteidigungsminister zurücktreten. 2014 legte die bayerische Staatskanzleichefin Christine Haderthauer ihr Amt wegen der sogenannten Modellautoaffäre nieder. Die CSU-Politikerin hatte gemeinsam mit ihrem Mann luxuriöse Modellautos gewinnbringend vermarktet, die von psychisch kranken Straftätern in öffentlichen Einrichtungen gefertigt worden waren.
In Erinnerung sind auch Fälle aus der Corona-Pandemie, in denen sich CSU-Politiker an Geschäften mit Schutzmasken bereicherten, namentlich die langjährigen CSUPolitiker Alfred Sauter und Georg Nüßlein sowie die PR-Unternehmerin Andrea Tandler, Tochter des CSU-Politikers Gerold Tandler. In dieser Woche dann sorgte Ex-Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer erneut für Negativschlagzeilen. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat wegen einer möglichen Falschaussage bei der Aufarbeitung der gescheiterten Pkw-Maut Ermittlungen gegen ihn eingeleitet.
Jetzt kommt das Aus für den einstigen Hoffnungsträgers Mayer hinzu. Der Ruf der Partei ist angeschlagen. Es könnte besser laufen für Söder. CSU-Vize Manfred Weber versucht dennoch nach vorn zu blicken. Die Partei müsse den Menschen in Bayern zeigen, dass sie „ein gutes Angebot für morgen“habe. Es klingt wie ein Arbeitsauftrag an seine strauchelnde Partei.