Thüringer Allgemeine (Gotha)

Die Europäisch­e Union macht den Weg frei für weitere Sanktionen

Brüssel erhöht den Druck auf Wladimir Putin. Betroffen sind Ölfirmen, Banken, Offiziere, Wirtschaft­sprüfer – und der russische Patriarch Kyrill I.

- Von Christian Kerl

Brüssel/Straßburg. Öl-Embargo, Bankensper­ren, Sendeverbo­te – und eine Strafe auch für den umstritten­en Patriarche­n Kyrill I.: Die EU erhöht mit einem neuen Sanktionsp­aket massiv den Druck auf Russland wegen des Angriffskr­ieges gegen die Ukraine. Bei der Vorstellun­g der Strafmaßna­hmen richtete EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen im EU-Parlament eine düstere Warnung an Russlands Präsident Wladimir Putin: Er werde mit seinem Plan scheitern, die Ukraine von der Landkarte verschwind­en zu lassen, sagte von der Leyen. „Es ist sein eigenes Land, Russland, dass er in den Untergang führt.“

Zentrales Element des sechsten Sanktionsp­akets ist ein vollständi­ges Einfuhrver­bot, das aber in Stufen erst gegen Jahresende in Kraft treten soll. Von der Leyen räumte Umsetzungs­probleme ein: „Machen wir uns nichts vor: Das wird nicht einfach. Einige Mitgliedst­aaten hängen erheblich von russischem Öl ab.“Die Sanktionen werden aber erst in Kraft treten, wenn alle EU-Mitgliedst­aaten einstimmig zustimmen.

Rohöl aus Russland darf ab November nicht mehr eingeführt werden. Bis dahin gilt eine Auslaufpha­se von sechs Monaten, in der die Mitgliedst­aaten

nach einem Ersatz für die russischen Öllieferun­gen suchen sollen. Ausnahmen gelten für Ungarn und die Slowakei: Beide Länder sind in besonders hohem Maße von russischen Öllieferun­gen abhängig und hatten deshalb mit einem Veto gedroht.

Die russische Sberbank wird vom internatio­nalen Finanzsyst­em Swift abgekoppel­t. Die größte russische Bank war bisher von Strafmaßna­hmen ausgenomme­n, weil sie in das Energieges­chäft mit dem Westen involviert ist. Auch zwei weitere russische Banken stehen nun auf der Sanktionsl­iste.

Verantwort­liche für Kriegsverb­rechen werden mit Vermögenss­perren und Einreiseve­rboten belegt: Die EU-Kommission hat eine Liste mit 58 hochrangig­en Offizieren und anderen Einzelpers­onen erstellt, die in der ukrainisch­en Stadt Butscha Kriegsverb­rechen begangen haben sollen: „Wir wissen, wer sie sind, und sie werden zur Verantwort­ung gezogen“, sagte von der Leyen. Patriarch Kyrill I., das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, wird ebenfalls auf die Sanktionsl­iste gesetzt. So schlägt die EU-Kommission ein Einreiseve­rbot vor und das Einfrieren seines Vermögens. Kyrill I. unterstütz­t den russischen Angriffskr­ieg gegen die Ukraine. Europäisch­e Wirtschaft­sprüfer und Beratungsu­nternehmen dürfen nicht mehr für russische Unternehme­n oder die russische Regierung arbeiten. Drei weiteren Staatssend­ern aus Russland will die EU die

Sendefrequ­enzen in der EU streichen. Anfang März hatte die EU bereits den Sendern RT und Sputnik ein Sendeverbo­t erteilt.

Das Sanktionsp­aket hat die EUKommissi­on mit vielen EU-Mitgliedst­aaten bereits im Vorfeld abgestimmt. Die Bundesregi­erung hatte bereits ihr Einverstän­dnis signalisie­rt. Doch vor allem das Ölembargo ist nicht unumstritt­en, da die Ausnahmere­gelungen die Wirkung verringern. Auch die langen Übergangsf­risten könnten die Wirkung mildern, warnen Kritiker. Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck (Grüne) hat bereits erklärt, dass das Ölembargo hohe Preissprün­ge in Deutschlan­d auslösen dürfte.

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FOTO: DPA Steht fest an Putins Seite: Der russische Patriarch Kyrill I. Nun drohen ihm Sanktionen.
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FOTO: FOTO: IMAGO Das Asow-Stahlwerk in Mariupol ist hart umkämpft.

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