Die Europäische Union macht den Weg frei für weitere Sanktionen
Brüssel erhöht den Druck auf Wladimir Putin. Betroffen sind Ölfirmen, Banken, Offiziere, Wirtschaftsprüfer – und der russische Patriarch Kyrill I.
Brüssel/Straßburg. Öl-Embargo, Bankensperren, Sendeverbote – und eine Strafe auch für den umstrittenen Patriarchen Kyrill I.: Die EU erhöht mit einem neuen Sanktionspaket massiv den Druck auf Russland wegen des Angriffskrieges gegen die Ukraine. Bei der Vorstellung der Strafmaßnahmen richtete EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im EU-Parlament eine düstere Warnung an Russlands Präsident Wladimir Putin: Er werde mit seinem Plan scheitern, die Ukraine von der Landkarte verschwinden zu lassen, sagte von der Leyen. „Es ist sein eigenes Land, Russland, dass er in den Untergang führt.“
Zentrales Element des sechsten Sanktionspakets ist ein vollständiges Einfuhrverbot, das aber in Stufen erst gegen Jahresende in Kraft treten soll. Von der Leyen räumte Umsetzungsprobleme ein: „Machen wir uns nichts vor: Das wird nicht einfach. Einige Mitgliedstaaten hängen erheblich von russischem Öl ab.“Die Sanktionen werden aber erst in Kraft treten, wenn alle EU-Mitgliedstaaten einstimmig zustimmen.
Rohöl aus Russland darf ab November nicht mehr eingeführt werden. Bis dahin gilt eine Auslaufphase von sechs Monaten, in der die Mitgliedstaaten
nach einem Ersatz für die russischen Öllieferungen suchen sollen. Ausnahmen gelten für Ungarn und die Slowakei: Beide Länder sind in besonders hohem Maße von russischen Öllieferungen abhängig und hatten deshalb mit einem Veto gedroht.
Die russische Sberbank wird vom internationalen Finanzsystem Swift abgekoppelt. Die größte russische Bank war bisher von Strafmaßnahmen ausgenommen, weil sie in das Energiegeschäft mit dem Westen involviert ist. Auch zwei weitere russische Banken stehen nun auf der Sanktionsliste.
Verantwortliche für Kriegsverbrechen werden mit Vermögenssperren und Einreiseverboten belegt: Die EU-Kommission hat eine Liste mit 58 hochrangigen Offizieren und anderen Einzelpersonen erstellt, die in der ukrainischen Stadt Butscha Kriegsverbrechen begangen haben sollen: „Wir wissen, wer sie sind, und sie werden zur Verantwortung gezogen“, sagte von der Leyen. Patriarch Kyrill I., das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, wird ebenfalls auf die Sanktionsliste gesetzt. So schlägt die EU-Kommission ein Einreiseverbot vor und das Einfrieren seines Vermögens. Kyrill I. unterstützt den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Europäische Wirtschaftsprüfer und Beratungsunternehmen dürfen nicht mehr für russische Unternehmen oder die russische Regierung arbeiten. Drei weiteren Staatssendern aus Russland will die EU die
Sendefrequenzen in der EU streichen. Anfang März hatte die EU bereits den Sendern RT und Sputnik ein Sendeverbot erteilt.
Das Sanktionspaket hat die EUKommission mit vielen EU-Mitgliedstaaten bereits im Vorfeld abgestimmt. Die Bundesregierung hatte bereits ihr Einverständnis signalisiert. Doch vor allem das Ölembargo ist nicht unumstritten, da die Ausnahmeregelungen die Wirkung verringern. Auch die langen Übergangsfristen könnten die Wirkung mildern, warnen Kritiker. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat bereits erklärt, dass das Ölembargo hohe Preissprünge in Deutschland auslösen dürfte.