Kinder brauchen Bücher
Trauer um Germanistin Karin Richter
Erfurt. Es gibt kaum ein Kind, das sich nicht für Bücher begeistern lässt, man muss nur den richtigen Zugang schaffen: Dieser Maxime ist Karin Richter ein Leben lang gefolgt. Als Germanistin und ausgewiesene Expertin für Kinder- und Jugendliteratur der DDR, als Initiatorin der Erfurter Kinderuniversität „Rund um das Buch“, als Lehrbeauftragte in der Ausbildung künftiger Lehrer an der Universität
Erfurt.
1994 trat sie dort eine Professur an, die ihr Lebensthema schon im
Namen trug:
Literarische
Erziehung. Die Frage, wie man Kinder an das Lesen heranführt, wie man im Unterricht mit literarischen Texten arbeiten kann, hat sie mit ihren Studierenden in Projekten und Unterrichtskonzepten immer wieder durchbuchstabiert.
Als eine meinungsstarke Wissenschaftlerin würdigte sie die Erfurter Universität. Das galt auch für schwierige Fragen, ob man mit Kindern über den Holocaust sprechen soll. Karin Richter hat diese Frage immer bejaht. Kinder werden schon auf dem Schulhof mit Antisemitismuskonfrontiert. Und erzählte Menschengeschichten können das Wissen und die Empathie schaffen, die dagegen widerständig machen.
Auch Leseerfahrungen können Lebenserfahrungen sein. Weil gute Bücher nicht nur ein Bild von der Welt entwerfen, sondern helfen, in ihr einen Platz zu finden.
In dieser Überzeugung war sie sich mit vielen befreundeten Autoren einig. Und sie grundierte die lange Freundschaft mit Mirijam Pressler, mit der Karin Richter zahlreiche Seminare zur jüdischen Geschichte und Kultur bestritt.
Dem literarischen Werk der 2019 verstorbenen Autorin und Freundin galt ihre letzte große Veröffentlichung im vergangenen Jahr. Karin Richter verstarb am 27. April in Erfurt.