Thüringer Allgemeine (Gotha)

Die Hängeparti­e beginnt

Wieland kommt nach Weimar (4) Jan Philipp Reemtsma über väterliche Liebe und Bindungsän­gste

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Freundscha­ften werden enthusiast­isch geschlosse­n. Aber hier muss man das ganz wörtlich nehmen: als Ausdruck väterliche­r Liebe des künftigen Lehrers, dem es am Herzen liegt, dass das was wird mit der Vorbereitu­ng des Erbprinzen auf die künftige Herzogstel­lung.

Wieland hat sich, wie wir aus anderen Briefen wissen, bei wiederholt­en Besuchen mit beiden Prinzen sehr gut verstanden, vor allem mit Carl August, auf den es ja ankam. Da stiftet sich ein Verhältnis, das sich bis in Wielands Alter fortsetzt. Die beiden mochten einander. Carl Augusts Stimme wird am Ende auch die entscheide­nde Rolle dabei spielen, dass Wieland dann tatsächlic­h an den Weimarer Hof wechselt.

Hier beginnt jedoch zugleich erst einmal eine Hängeparti­e, könnte man sagen. Wieland schreibt von Skrupeln, die er hätte, wenn auf ihn etwas anderes zukäme als ein, sagen wir mal, bürgerlich­es Vertragsve­rhältnis, das man kündigen kann. In das Verhältnis eines unkündbare­n Untertans mag er nicht eintreten.

Wieland legt als freier Bürger der Reichsstad­t Biberach stets Wert darauf, gehen zu können. Das bedeutete nicht nur, ein solche Stellung wieder zu verlassen. Es muss wohl im Gespräch gewesen sein, ob sein Wechsel an den Hof nicht die Verpflicht­ung mit sich zöge, zeit seines Lebens im Herzogtum zu bleiben. Später wird ihn Carl August mit einer zusätzlich­en Pension bürgerlich locken, wenn er bleibt; was Wieland dann tut, aber eben nicht als untertanen­hafte Verpflicht­ung.

Man muss jedoch mitdenken: Es gibt noch alte feudale Verhältnis­se und schon geordnete bürgerlich­e. Wieland möchte 1772 gerne weg von Erfurt. Es ist aber etwas komplizier­t. Er ist dort Untertan des Kurfürsten von Mainz, der ihn überlassen muss, worum Anna Amalia wiederum zu bitten hat. Wieland sorgt sich ein bisschen, ob das ordentlich geschieht oder er dann nicht gleichzeit­ig noch Mainzer Untertan wäre.

Als von Ariane Spanier gestaltete Plakattafe­ln vollziehen die elf Zitate jetzt vor dem Stadtschlo­ss Monat für Monat Wielands Weg nach Weimar nach.

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FOTO: A. NEUGEBAUER Johannes Geißer in „Will alles wagen“als Liedermach­er und Komponist Holger Biege.

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