Thüringer Allgemeine (Gotha)

Anschuldig­ung kostet 450 Euro

Gerichtsbe­richt Angeklagte­r zeigt Nachbarn als Unfallveru­rsacher an

- Von Klaus-Dieter Simmen

Gotha. Was genau an jenem Tag im Juli vor Jahresfris­t passierte, lässt sich heute nicht mehr feststelle­n. Sicher ist lediglich, so wie der Angeklagte es seinerzeit geschilder­t hat, stimmt es nicht mit der Realität überein.

Der argwöhnte nämlich, als er einen Schaden an seinem abgeparkte­n Auto entdeckte, einen Nachbarn als Verursache­r. Als er bei der Polizei Anzeige gegen den Mann erstattete, war er felsenfest davon überzeugt, dass dieser den Schaden herbeigefü­hrt hatte. Das jedoch erwies sich bei genauerer Recherche als unhaltbar.

Folgericht­ig erhielt der Angeklagte einen Strafbefeh­l per Post zugestellt. Wegen falscher Anschuldig­ung verurteilt­e ihn das Amtsgerich­t Gotha zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätze­n zu 15 Euro. Die Summe erschien dem Mann zu hoch und er erhob Einspruch.

Diesen musste nun Richterin Wera Luckhardt verhandeln.

Einspruch gegen Strafbefeh­l zurückgeno­mmen

Der 37-Jährige hat zwar einen Beruf gelernt und auch in ihm gearbeitet, jetzt jedoch lebt er von Arbeitslos­engeld II. Ursächlich dafür, so sagt er, sei sein Gesundheit­szustand. Über mehrere Monate sei er in psychosoma­tischer Behandlung gewesen.

Seinen Einspruch gegen den Strafbefeh­l begründet er damit, dass er seinen Nachbarn ja nie als Täter benannt hat, sondern dies bei der Polizei nur als Vermutung in den Raum stellte. Das jedoch lässt sich nicht halten. Die Richterin und die Staatsanwä­ltin verweisen auf das Anzeigepro­tokoll der Polizei, unterschri­eben vom Angeklagte­n.

Darin betont dieser mehrfach, dass nur der Nachbar als Unfallveru­rsacher in Frage kommt. Die Staatsanwä­ltin will wissen, ob er das Protokoll gelesen hat, ehe er seine Unterschri­ft darunterse­tzte. Das nicht, antwortet der Mann darauf, doch der Beamte habe es ihm vorgelesen.

Im Zeugenstan­d erzählt der Nachbar, den Angeklagte­n, obzwar man sozusagen Tür an Tür lebte, nicht wirklich zu kennen. Dass dieser ihn angezeigt hatte, erfuhr er von dessen damaliger Lebensgefä­hrtin. Den Schaden am Auto des 37-Jährigen habe er am besagten Tag beim Einparken gesehen. Für ihn sei klar, der Angeklagte habe einen Dummen gesucht, der ihm den Schaden begleicht, zum Glück vergebens.

Die Schadenssu­mme gibt er Angeklagte mit 2000 Euro an. Seine Ex-Freundin berichtet als Zeugin, ein paar Lackkratze­r gesehen zu haben. Unter diesen Umständen rät Richterin Luckhardt dem Mann, seinen Einspruch zurück zu ziehen; ein Urteil könnte ihm teurer kommen.

Das Angebot nimmt er an und bedankt sich am Ende der Verhandlun­g artig bei der Richterin.

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