Fitnessstudio muss für Lockdown-Zeit Beiträge erstatten
Das hat der Bundesgerichtshof entschieden. Betreiber darf Wochen der Schließung auch nicht an Vertragslaufzeit dranhängen
Karlsruhe. Tausende Verbraucherinnen und Verbraucher sind betroffen: Wer im Corona-Lockdown sein Fitnessstudio nicht nutzen konnte, um zu trainieren, hat Anspruch auf die Erstattung der in dieser Zeit gezahlten Mitgliedsbeiträge.
Diese richtungsweisende Entscheidung hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch in einem Musterfall aus Niedersachsen getroffen. Demnach muss ein Studio einem Kunden die per Lastschrift eingezogenen Beiträge zurückzahlen. „Der Zweck eines Fitnessstudiovertrags liegt in der regelmäßigen sportlichen Betätigung“, teilten die obersten Zivilrichterinnen und -richter in Karlsruhe mit (Az. XII
ZR 64/21). Bei einer mehrwöchigen pandemiebedingten Schließung sei es unmöglich gewesen, diese Leistung zu erbringen.
Der Kläger hatte einen Zwei-Jahres-Vertrag abgeschlossen, der im Dezember 2019 zu laufen begann. Nach Ausbruch der Corona-Pandemie hatte das Studio vom 16. März bis zum 4. Juni 2020 schließen müssen. Der Betreiber zog trotzdem weiter die monatlichen Beiträge von 29,90 Euro ein.
Der Kunde hatte sein Studio daraufhin zunächst vergeblich zur Rückzahlung aufgefordert und schließlich einen Wertgutschein über die Summe verlangt. Das Studio bot ihm aber lediglich eine
„Gutschrift über Trainingszeit“an – das lehnte der Kunde ab. Insgesamt ging es um knapp 87 Euro.
Vor dem BGH bekam der Mann nun in letzter Instanz recht. Zuvor hatten bereits das Amtsgericht Papenburg und das Landgericht Osnabrück zugunsten des Mannes entschieden.
Der Vertragszweck war nicht erreichbar
Bei einem Fitnessstudiovertrag mit mehrmonatiger fester Laufzeit sei „gerade die regelmäßige und ganzjährige Öffnung und Nutzbarkeit des Studios von entscheidender Bedeutung“, entschieden die BGHRichter. Im Lockdown habe dieser Vertragszweck nicht erreicht werden können. Das Studio hat dem Urteil zufolge auch kein Recht, die
Wochen der Schließung an die Vertragslaufzeit anzuhängen, wie es manche Gerichte der unteren Instanzen für möglich gehalten hatten. Das begründen die BGH-Richter auch mit der Gutschein-Lösung, die der Gesetzgeber im Frühjahr 2020 eingeführt hatte, um massenhafte Insolvenzen durch Rückforderungen zu verhindern.
Die Regelung sah vor, dass Veranstalter und Einrichtungen Eintrittskarten und „Nutzungsberechtigungen“auch mit einem Gutschein erstatten können. Damit sei eine abschließende Regelung getroffen worden, entschied der BGH. Eine Vertragsanpassung finde daneben nicht statt. dpa