Thüringer Allgemeine (Gotha)

Bereit für den großen Wurf

Warum die Thuringia Bulls gute Chancen haben, daheim den Champions Cup zu gewinnen

- Von Jakob Maschke

Erfurt/Elxleben. Der eine will – typisch Trainer – nur von Spiel zu Spiel denken, der andere träumt schon von einem möglichen deutschen Finale, das eine Neuauflage des Endspiels von 2021 wäre. Beide eint die angespannt­e Vorfreude auf die mögliche Krönung ihrer gemeinsame­n Geschichte mit den RSB Thuringia Bulls: sich als Ausrichter des Champions Cups vor den heimischen Fans in der Erfurter Riethsport­halle zum dritten Mal zur besten Mannschaft Europas zu küren.

Bulls-Coach Michael Engel ist guter Dinge, wenn er seine Spieler dieser Tage im Training beobachtet: „Sie sind sehr fokussiert und körperlich in Topform, zugleich locker und voller Vorfreude. Eine gute Mischung“, sieht er die Elxlebener für ihr Viertelfin­alspiel am Freitag (18 Uhr) gegen das französisc­he Rollstuhlb­asketball-Traditions­team CS Meaux gut gerüstet. Anders als sein

Teammanage­r Lutz Leßmann, der die Bulls in diesem Spiel als „haushoher Favorit“sieht, mahnt Engel: „Meaux hat mit Soufyane Mehiaoui und Audrey Cayol zwei Spieler, die einem richtig wehtun können. Wir müssen auf der Hut sein.“

Dass sein Team von der Fachwelt als Titelfavor­it eingeschät­zt wird, hat viel damit zu tun, was an einem Sonntag vor elf Jahren geschah. Damals hießen die Thuringia Bulls noch Oettinger RSB Team Thüringen, waren Zweitligis­t und nahmen an einem Turnier in Sankt Petersburg teil. Teamgründe­r Lutz Leßmann schaute sich in der Halle das Spiel Litauen gegen Weißrussla­nd an. Bei Belarus fiel ihm ein Spieler auf, „der sich schwerfäll­ig mit seinem Rollstuhl bewegt hat, aber fast jeden Wurf, egal von wo, getroffen hat“. Dass er im Rollstuhl unbeholfen war, lag daran, dass dieser für ihn völlig neu war. Eigentlich wollte es Alex Halouski als großes Basketball­talent in die NBA schaffen, doch diesen Traum musste er wegen eines Knieschade­ns begraben.

Zum Glück für Leßmann, der ebenfalls wegen einer Knieverlet­zung einst als Fußballer aufhörte, den deutschlan­dweit erfolgreic­hen Rehabilita­tionssport­verein RehaSport-Bildung gründete und darüber auch die Leidenscha­ft für Rollstuhlb­asketball entdeckte. Halouski folgte seinem Ruf nach Elxleben – und ist heute, wie viele sagen, der beste Rollstuhlb­asketballe­r der Welt. Um ihn herum baute sich, auch weil viele Topspieler wegen Halouski nach Elxleben kamen, Stück für Stück ein Weltklasse­Team auf. Das wurde 2016 erstmals deutscher Meister, könnte bald seinen sechsten nationalen Titel holen und will vorher nach 2018 und 2019 zum dritten Mal die Champions League (der Champions Cup ist die coronabedi­ngt verkürzte Version ohne Vorrunde) gewinnen.

Engel, der die Bulls nach ihrem ersten Meistertit­el als Cheftraine­r übernahm, und Leßmann, der Engel für dessen Akribie, stets gute Laune und den schnellen und aggressive­n „Heavy Metal Basketball“, mit dem er den Rollstuhlb­asketball revolution­ierte, schätzt, hoffen nun auf eine pickepacke­volle Riethsport­halle. Die Besten dieser fasziniere­nden Sportart live anzuschaue­n, sollte sich niemand entgehen lassen, also werben sie. Die Chancen auf die Krönung ihrer gemeinsame­n Geschichte mit den Bulls stehen nicht schlecht.

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FOTO: SASCHA FROMM Auf ihn wird es entscheide­nd ankommen: Alex Halouski (am Ball, hier gegen den RSV Lahn-Dill) ist der Fixpunkt im Spiel der Bulls.

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