Ämtertausch in Weimar
Landesverwaltungsamt soll Personal abgeben und eine Fördergesellschaft schlucken
Erfurt. Eine Minderheitsregierung, das sagt schon ihr Name, besitzt keine Mehrheit im Parlament. Sie braucht also für Gesetzesvorhaben Stimmen aus der Opposition. Aber regieren an sich: Das kann sie uneingeschränkt, ohne auch nur einen Abgeordneten zu fragen. Bodo Ramelow, der linke Ministerpräsident, betont diesen Umstand gern.
Nach gut zwei Jahren Pandemie, in der die einst versprochene Neuwahl des Landtags abgesagt wurde, versucht die Regierung, einen Plan für das zu entwickeln, was sie bis zur regulären Wahl des Landtags in gut zwei Jahren noch ausrichten kann. Mit größeren Gesetzen wird es, siehe fehlende Mehrheit, eher schwierig, zumal der Gelegenheitspartner Union mit zunehmender Nähe zur Wahl noch widerspenstiger werden dürfte. Also muss sich die Exekutive darauf besinnen, was sie ohne Legislative anstellen kann.
Vizekanzler wird Mitte Mai zur Regierungsklausur erwartet
Mitte Mai geht die Landesregierung auf Schloss Ettersburg nahe Weimar für zwei Tage in Klausur, um über Dinge wie die Bauausstellung, Energiewende oder ländlichen Raum zu beraten, wobei ein gleichermaßen fachkundiger wie hochmögender Gast aus Berlin erwartet wird: Robert Habeck, Wirtschafts-, Klima- und Energieminister, dazu noch grüner Vizekanzler. Vor allem aber soll es um den nächsten Umbauschritt der Verwaltung gehen. Klar ist, dass im Zentrum der Reformbemühungen wieder das Landesverwaltungsamt (LVA) in Weimar steht. Als Mittelbehörde befindet es sich zwischen Ministerialund Kommunalebene. Es vollzieht das, was die Regierung anweist und beaufsichtigt Kreise, Städte sowie Gemeinden. Oder anders formuliert: Es erledigt die Arbeit.
Nun soll das LVA mehrere Abteilungen und Referate abgeben. Die
Bereiche Gesundheit und Soziales würden mit dem Landesamt für Verbraucherschutz in Bad Langensalza verschmelzen. Das neue, ziemlich große Amt für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz unterstünde dann dem zugehörigen Sozialund Gesundheitsministerium.
Die beiden Referate für Migration in Weimar wiederum würden zusammen mit den zuständigen Beamten im Erfurter Migrationsministerium ein neues Landesamt bilden. De facto handelte es sich aber nur um eine Art aufgehübschte Ministerialabteilung, deren Leiter Präsident hieße. Ähnlich ist die Konstruktion seit einigen Jahren beim Landesamt für Verfassungsschutz.
Offizieller Sinn der Übung: Fachund Dienstaufsicht kommen zusammen. Das heißt, Migrationsminister Adams (Grüne) und Sozialministerin Werner (Linke) erhielten zu ihrer bereits vorhandenen fachlichen Verantwortung auch die personelle Zuständigkeit für die Mitarbeiter. Bisher ist beides getrennt, weil das LVA dem Innenministerium unter Georg Maier (SPD) zugeordnet ist.
Bereits in der vorigen Wahlperiode wanderten einige Referate aus der Großbehörde ins Landesumweltamt. Wobei, so richtig groß wäre das LVA nach der nächsten Reform ja gar nicht mehr. Also soll es die Erfurter Gesellschaft für Arbeits- und Wirtschaftsförderung (Gfaw) samt ihrer 280 Mitarbeiter schlucken. Die 100-prozentige Tochter der landeseigenen Thüringer Aufbaubank verteilt vor allem Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds.
Der Plan ist nicht neu: Die Finanzministerin wollte die Gesellschaft schon länger in die direkte Landesverwaltung holen. Der Grund: Die Gfaw wird zwar voll vom Land finanziert, gilt aber formal als konkurrierender Dienstleister und muss seit vorigem Jahr Umsatzsteuer in Millionenhöhe an den Bund zahlen. Das Problem wäre mit der Integration ins LVA gelöst – wobei die Mehrzahl der Gfaw-Beschäftigten andere, rechtlich mögliche Optionen bevorzugten. Sie fühlen sich als Manövriermasse und fürchten Nachteile – für die Arbeitseffizienz und für sich.
Was ihnen zur Beruhigung gesagt werden dürfte: Für sie wie für die meisten anderen Mitarbeiter der betroffenen Ämter und Ministerien sollen sich höchstens ein paar Dienst- und Organisationswege ändern. Umziehen müsste vorerst kaum jemand. Größere Neubauten oder gar zusätzliche Stellen sind nicht geplant. Denn dies alles kostete Geld, müsste also in den Landesetat – und wäre, wie alle Gesetze, genau: eher schwierig.