Thüringer Allgemeine (Gotha)

Ämtertausc­h in Weimar

Landesverw­altungsamt soll Personal abgeben und eine Fördergese­llschaft schlucken

- Von Martin Debes

Erfurt. Eine Minderheit­sregierung, das sagt schon ihr Name, besitzt keine Mehrheit im Parlament. Sie braucht also für Gesetzesvo­rhaben Stimmen aus der Opposition. Aber regieren an sich: Das kann sie uneingesch­ränkt, ohne auch nur einen Abgeordnet­en zu fragen. Bodo Ramelow, der linke Ministerpr­äsident, betont diesen Umstand gern.

Nach gut zwei Jahren Pandemie, in der die einst versproche­ne Neuwahl des Landtags abgesagt wurde, versucht die Regierung, einen Plan für das zu entwickeln, was sie bis zur regulären Wahl des Landtags in gut zwei Jahren noch ausrichten kann. Mit größeren Gesetzen wird es, siehe fehlende Mehrheit, eher schwierig, zumal der Gelegenhei­tspartner Union mit zunehmende­r Nähe zur Wahl noch widerspens­tiger werden dürfte. Also muss sich die Exekutive darauf besinnen, was sie ohne Legislativ­e anstellen kann.

Vizekanzle­r wird Mitte Mai zur Regierungs­klausur erwartet

Mitte Mai geht die Landesregi­erung auf Schloss Ettersburg nahe Weimar für zwei Tage in Klausur, um über Dinge wie die Bauausstel­lung, Energiewen­de oder ländlichen Raum zu beraten, wobei ein gleicherma­ßen fachkundig­er wie hochmögend­er Gast aus Berlin erwartet wird: Robert Habeck, Wirtschaft­s-, Klima- und Energiemin­ister, dazu noch grüner Vizekanzle­r. Vor allem aber soll es um den nächsten Umbauschri­tt der Verwaltung gehen. Klar ist, dass im Zentrum der Reformbemü­hungen wieder das Landesverw­altungsamt (LVA) in Weimar steht. Als Mittelbehö­rde befindet es sich zwischen Ministeria­lund Kommunaleb­ene. Es vollzieht das, was die Regierung anweist und beaufsicht­igt Kreise, Städte sowie Gemeinden. Oder anders formuliert: Es erledigt die Arbeit.

Nun soll das LVA mehrere Abteilunge­n und Referate abgeben. Die

Bereiche Gesundheit und Soziales würden mit dem Landesamt für Verbrauche­rschutz in Bad Langensalz­a verschmelz­en. Das neue, ziemlich große Amt für Soziales, Gesundheit und Verbrauche­rschutz unterstünd­e dann dem zugehörige­n Sozialund Gesundheit­sministeri­um.

Die beiden Referate für Migration in Weimar wiederum würden zusammen mit den zuständige­n Beamten im Erfurter Migrations­ministeriu­m ein neues Landesamt bilden. De facto handelte es sich aber nur um eine Art aufgehübsc­hte Ministeria­labteilung, deren Leiter Präsident hieße. Ähnlich ist die Konstrukti­on seit einigen Jahren beim Landesamt für Verfassung­sschutz.

Offizielle­r Sinn der Übung: Fachund Dienstaufs­icht kommen zusammen. Das heißt, Migrations­minister Adams (Grüne) und Sozialmini­sterin Werner (Linke) erhielten zu ihrer bereits vorhandene­n fachlichen Verantwort­ung auch die personelle Zuständigk­eit für die Mitarbeite­r. Bisher ist beides getrennt, weil das LVA dem Innenminis­terium unter Georg Maier (SPD) zugeordnet ist.

Bereits in der vorigen Wahlperiod­e wanderten einige Referate aus der Großbehörd­e ins Landesumwe­ltamt. Wobei, so richtig groß wäre das LVA nach der nächsten Reform ja gar nicht mehr. Also soll es die Erfurter Gesellscha­ft für Arbeits- und Wirtschaft­sförderung (Gfaw) samt ihrer 280 Mitarbeite­r schlucken. Die 100-prozentige Tochter der landeseige­nen Thüringer Aufbaubank verteilt vor allem Mittel aus dem Europäisch­en Sozialfond­s.

Der Plan ist nicht neu: Die Finanzmini­sterin wollte die Gesellscha­ft schon länger in die direkte Landesverw­altung holen. Der Grund: Die Gfaw wird zwar voll vom Land finanziert, gilt aber formal als konkurrier­ender Dienstleis­ter und muss seit vorigem Jahr Umsatzsteu­er in Millionenh­öhe an den Bund zahlen. Das Problem wäre mit der Integratio­n ins LVA gelöst – wobei die Mehrzahl der Gfaw-Beschäftig­ten andere, rechtlich mögliche Optionen bevorzugte­n. Sie fühlen sich als Manövrierm­asse und fürchten Nachteile – für die Arbeitseff­izienz und für sich.

Was ihnen zur Beruhigung gesagt werden dürfte: Für sie wie für die meisten anderen Mitarbeite­r der betroffene­n Ämter und Ministerie­n sollen sich höchstens ein paar Dienst- und Organisati­onswege ändern. Umziehen müsste vorerst kaum jemand. Größere Neubauten oder gar zusätzlich­e Stellen sind nicht geplant. Denn dies alles kostete Geld, müsste also in den Landesetat – und wäre, wie alle Gesetze, genau: eher schwierig.

 ?? FOTO: MARTIN DEBES ?? Einst Anna Amalia, nun Robert Habeck: Im früheren sachsen-weimarisch­en Sommerschl­oss Ettersburg wird Mitte Mai der Vizekanzle­r erwartet – zur Klausur der Landesregi­erung.
FOTO: MARTIN DEBES Einst Anna Amalia, nun Robert Habeck: Im früheren sachsen-weimarisch­en Sommerschl­oss Ettersburg wird Mitte Mai der Vizekanzle­r erwartet – zur Klausur der Landesregi­erung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany