Auf dem Rad durch Amsterdam
In kaum einer anderen Stadt in Europa fahren die Menschen so viel Fahrrad wie hier
Myriam Corzilius ist eine typische Amsterdamerin: Jeden Weg legt sie mit dem Fahrrad zurück. Außerdem setzt sie sich dafür ein, dass der Radverkehr in ihrer Stadt sicherer wird und noch mehr Menschen Lust auf die zweirädrige Fortbewegung bekommen.
Myriam Corzilius wartet vor dem Hauptbahnhof. Genauer gesagt: vor einem mehrstöckigen Parkhaus für Fahrräder. „Das war das erste in der ganzen Welt“, sagt Myriam Corzilius. „2500 Fahrräder passen hier rein. Man darf sein Rad hier nicht länger als zwei Wochen stehen lassen. Trotzdem ist das Parkhaus jeden Tag voll.“Deshalb ist auf der anderen Seite des Platzes eine große Baustelle. Hier wird es bald eine Fahrrad-Tiefgarage geben. In der ganzen Stadt gibt es solche ParkMöglichkeiten. Myriam Corzilius meint dennoch: „Es wird nie genug sein.“Tatsächlich hat jeder Amsterdamer mindestens ein Fahrrad, geschätzt sind es fast eine Million.
Los geht es in die Stadt: natürlich auf Fahrradwegen. Sie sind rot gefärbt. Es gibt mindestens eine Spur in jede Richtung. An Kreuzungen teilt sich die Piste oft, etwa in eine Spur für Leute, die geradeaus fahren, und eine Spur für Rechtsabbieger, so wie bei Autostraßen. Auch Fahrradampeln stehen an jeder Ecke. Auf Fahrradstraßen dürfen keine Autos fahren. Nur die Tram fährt hier noch entlang. Die Straßenbahntrasse wurde begrünt. „Damit
nicht doch ein Autofahrer auf die Idee kommt, hier lang zu fahren“, erklärt Frau Corzilius.
Ein Höhepunkt sind die Fahrradtunnel. Einer führt sogar durch ein Museum, nämlich durchs berühmte Rijksmuseum! „Für eine Weile war der für den Radverkehr gesperrt“, erzählt Myriam Corzilius. Sie und andere Fahrrad-Aktivisten haben dagegen protestiert. Mit Erfolg: „Bei der Wiedereröffnung gab es ein großes Fest.“
Entlang der Grachten, also der Wasser-Kanäle, geht es durch die Stadt. Obwohl die Radwege recht breit sind, ist es voll. Alles wird auf Fahrrädern transportiert: Kinder, Tiere, schwere Lasten. Einige Fahrräder haben zum Warentransport auch einen kleinen Kasten hinten, so wie ein Lastwagen.
Schnell geht es die Pisten entlang. Manchmal sogar etwas zu schnell. Ist das nicht gefährlich? „Ja, gerade die E-Bikes können ganz schön Fahrt aufnehmen“, sagt Myriam Corzilius. „Das ist ein Problem.“Für diese elektronisch betriebenen Räder sowie besonders schnelle Rennradfahrer soll es künftig eine eigene Spur geben. „Die sollen statt der Autos auf der Straße fahren“, sagt Myriam Corzilius.
Autos fahren in ihrer Stadt nämlich immer noch viel zu viele, findet die Amsterdamerin. „Wir sind hier mit dem Fahrradverkehr schon sehr weit“, meint sie. „Aber es kann noch sehr viel besser werden.“dpa