Thüringer Allgemeine (Gotha)

Angekommen

Mit Fleiß hat sich Yuki Tanabe einen Platz in der Startsechs beim Thüringer HC erarbeitet

- Von Steffen Eß

Erfurt. Es ist das Auto eines japanische­n Hersteller­s. So ähnlich wie ihres zu Hause in Ishikawa. Irgendwann ist es doch passiert, erzählt Yuki Tanabe. Sie steigt ein und muss lachen. „Oh, mein Gott“, sagt sie, wenn sie daran denkt, wie sie auf dem Beifahrers­itz sitzt und losfahren möchte.

Aus Versehen rechts einzusteig­en ist Monate her. Die 32-Jährige hat sich lange an die Umstellung zum bekannten Linksverke­hr gewöhnt und lenkt den Suzuki nicht nur sicher durchs Land. Spätestens seit der Rückrunde ist sie im THC-Bundesliga-Team angekommen.

„Im vergangene­n Jahr habe ich wenig gespielt.“Sie ist froh, nun deutlich mehr Einsatzzei­ten zu haben. Viel zu spielen motiviert noch mehr. Im Ergebnis stimmt auch die Ausbeute. Seit dem Dreierpack aus drei Chancen gegen Bensheim scheint der Knoten geplatzt zu sein – und sie ist das, was ihre Trikotnumm­er sieben verspricht.

Sieben verbinden Japaner mit Glück. Im Moment wünscht sie das vor allem auch Makoto Hasebe, Daichi Kamada und ihrer Frankfurte­r Eintracht. Vor wenigen Wochen ist sie ins Waldstadio­n gefahren, um die Fußballer aus der Heimat live zu sehen. Dort traf sie sich mit Haruno Sasaki. Die Rückraumsp­ielerin von Borussia Dortmund und die Linksaußen des THC sind befreundet.

Gemeinsam spielten sie in der Nationalma­nnschaft und vier Jahre beim Top-Team Hokkoku Bank aus der Stadt Kanazawa. Sie sind die einzigen Handballer­innen aus dem

Kaiserreic­h in der Bundesliga. Dass beide die mehrfach meisterdek­orierten „Honigbiene­n“, wie das Hokkoku-Team genannt wird, Richtung Deutschlan­d fliegen, ist so nicht geplant gewesen. „Eigentlich wollte ich aufhören“, verrät Tanabe, „ich dachte, ich kann keine hundert

Prozent mehr geben“. Dann aber rief THC-Trainer Herbert Müller an. Dann wollte sie es noch einmal wissen und herausfind­en, ob ein anderes Umfeld neue Kräfte freisetzt.

Durch zwei Serien beim ungarische­n Klub Fehérvár KC (2014 bis 2016) ist sie mit Europa vertraut gewesen. Eine Umstellung ist es dennoch. Wegen des Verkehrs, der Kultur, weniger wegen des Essens. Sie passt sich an, isst vieles. Sushi steht wie bei vielen Japanern auch bei ihr weit oben. Ihre Mitspieler­innen wissen es zu schätzen, wenn sie selbst gemachte Spezialitä­ten auftafelt.

Trainer Herbert Müller schätzt an seiner Nummer sieben besonders ihre Einstellun­g. Arbeitsam, lernwillig, freundlich, beschreibt er sie. Die aus Kyoto stammende Außenspiel­erin erfüllt einige Klischees, die Japanern anhaften. „Sie gibt immer Gas“, betont ihr Trainer. Der Platz in der Startsechs ist erkämpft, nachdem die Nationalsp­ielerin wegen der olympische­n Spiele die halbe Sommervorb­ereitung verpasst hatte. Mit ihrem „Ankommen“steht sie für die Entwicklun­g des Teams.

„So ein Umbruch braucht Zeit, Geduld“, meint Herbert Müller im Blick zurück. Sein THC Internatio­nal mit 14 darin versammelt­en Nationen spielt wie zuletzt beim überzeugen­den 27:21 in Oldenburg nun so, wie er es sich vorstellt. Vor allem die Deckung steht. Das Multikulti­Team ist auf dem Weg, das Ziel internatio­naler Startplatz zu erfüllen.

Das setzt voraus, gegen Zwickau zu gewinnen. Gelänge nächste Woche ein weiterer Erfolg beim starken Dritten Buxtehude, wäre die Europa League wohl so gut wie sicher.

Yuki Tanabe gefiele das. Sie bleibt und bildet in der kommenden Serie mit Johanna Stockschlä­der ein Duo auf Links. „Ich fühle mich hier sehr wohl“, sagt sie und steigt ein. Links selbstvers­tändlich.

Thüringer HC – BSV Zwickau, Samstag, 18 Uhr, Salzahalle, Bad Langensalz­a

 ?? FOTO: STEFFEN PRÖßDORF ?? Yuki Tanabe zieht um Tor.
FOTO: STEFFEN PRÖßDORF Yuki Tanabe zieht um Tor.
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany