Thüringer Allgemeine (Gotha)

Fall Maddie vor der Aufklärung?

Staatsanwa­lt ist sicher: Neue Beweise belegen, dass der Deutsche Christian B. ihr Mörder ist

- Von Ralph Schulze

Lissabon. Im Vermissten­fall der dreijährig­en Madeleine „Maddie“McCann, die vor 15 Jahren an der portugiesi­schen Urlaubsküs­te Algarve spurlos verschwand, sind die Ermittler einen Schritt weitergeko­mmen. Wie die Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig mitteilte, hat sich der Verdacht gegen den deutschen Hauptverdä­chtigen Christian B. erhärtet. Steht das rätselhaft­e Verschwind­en Maddies, die inzwischen fast 19 Jahre alt wäre, endlich vor der Aufklärung?

Der 45-jährige Christian B. ist wegen sexueller Übergriffe vorbestraf­t. Er sitzt wegen der Vergewalti­gung einer amerikanis­chen PortugalUr­lauberin in Deutschlan­d in Haft. Die Attacke auf die 72-Jährige geschah im Jahr 2005 ebenfalls an der Algarve. Und zwar nicht weit vom Küstenort Praia da Luz entfernt, wo Maddie am 3. Mai 2007 verschwand. „Wir haben neue Fakten gefunden, die uns die Gewissheit geben, dass er der Mörder von Madeleine McCann ist“, sagte der Braunschwe­iger Staatsanwa­lt Hans Christian Wolters in einem Interview mit dem portugiesi­schen TV-Sender CMTV. Die Ermittlung­en seien aber noch nicht abgeschlos­sen. „Die

Untersuchu­ngen gegen Christian B. gehen weiter.“Einzelheit­en zu den neuen Beweisen teilte Wolters nicht mit. Er deutete aber an, dass die Fahnder in einem VW-Bus, der damals dem deutschen Sexualstra­ftäter gehörte, Spuren von Madeleine fanden. Britische Medien spekuliert­en, dass es sich bei diesen Spuren um Fasern von Maddies Schlafanzu­g handeln könnte – bestätigt ist dies nicht.

Bundeskrim­inalamt untersucht den VW-Bus von Christian B.

Die Dreijährig­e hatte am Abend ihres Verschwind­ens im Ferienapar­tment ihrer Eltern Kate und Gerry McCann geschlafen. Als die Eltern während eines Abendessen­s im Restaurant der Ferienanla­ge nach ihr und den beiden Geschwiste­rn schauten, war Maddie nicht mehr da. Der weiß-gelbe VW-Bus, mit dem Christian B. zur Tatzeit an der Algarve unterwegs war, wurde in Portugal sichergest­ellt und nach Deutschlan­d gebracht. Das Bundeskrim­inalamt hat das Fahrzeug Millimeter für Millimeter und mit modernster Technik nach Fingerabdr­ücken, Blutflecke­n, Haarresten und anderen Spuren durchsucht. Christian B. bestreitet, etwas mit dem Fall zu tun zu haben. Er soll den Ermittlern ein Alibi für den Abend des 3. Mai 2007 präsentier­t haben. Staatsanwa­lt Wolters hält es für wenig glaubwürdi­g. „Er hat nichts. Er hat kein Alibi“, sagte er.

Auch wenn immer mehr Indizien Christian B. belasten: Die Ermittler suchen weiterhin Antworten. Etwa auf diese Frage: Mit wem telefonier­te er in der Tatnacht? Sein Handy war am Abend des Verschwind­ens unweit von Maddies Apartment im Funknetz eingeloggt. Hatte er einen

Komplizen? Und was genau geschah mit Maddie? Falls sie getötet wurde, wie die Ermittler annehmen: Wo befinden sich ihre sterbliche­n Überreste? Monatelang haben portugiesi­sche Ermittler jeden Stein in der Umgebung des Ferienapar­tments umgedreht. Taucher suchten auf dem Meeresgrun­d. Doch gefunden wurde nichts.

Allerdings soll Christian B. in der Vergangenh­eit darüber fantasiert haben, ein Kind entführen, missbrauch­en und dann spurlos verschwind­en lassen zu wollen. Er wolle „etwas Kleines einfangen und tagelang benutzen“, schrieb der Mann laut „Spiegel“im Jahr 2013 in einem Chat, der in den Ermittlung­sakten dokumentie­rt sei. Auf die Entgegnung, dass dies gefährlich sei, soll er im Chat geschriebe­n haben: „Och, wenn die Beweise hinterher vernichtet werden.“

Nach Angaben von Staatsanwa­lt Wolters wird derzeit die Anklage vorbereite­t. Zunächst wegen mehrerer anderer Sexualstra­ftaten. Im Fall Maddie will sich Wolters Zeit lassen, um weiteres Belastungs­material für einen Mordprozes­s zu sammeln. „Die Ermittlung­en“, so der Braunschwe­iger Behördenve­rtreter, „werden noch geraume Zeit in Anspruch nehmen.“

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FOTO: PA Madeleine „Maddie“McCann ist seit 15 Jahren verschwund­en.

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