Thüringer Allgemeine (Gotha)

Ukrainekri­eg gefährdet freie Religion

Gespräch von Kirchen und Landesregi­erung

- Von Hanno Müller

Erfurt. Vertreter der christlich­en Kirchen in Thüringen und der Landesregi­erung zeigten sich beim Jahrestref­fen angesichts des Ukrainekri­eges besorgt über Bedrohunge­n von Religionsf­reiheit und Ökumene. Auswirkung­en auf das Miteinande­r der Religionen in Thüringen seien ein Hauptteil der Gespräche gewesen, so die Beteiligte­n. Mit seiner Legendenbi­ldung schaffe Putin eine neue aggressive und geschichts­verdrehend­e „Normalität“, die man in Europa seit dem 8. Mai 1945 nicht mehr für möglich gehalten habe, erklärte Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke). Dass der Erzbischof der Evangelisc­h-Lutherisch­en Kirche in Russland, Dietrich Brauer, Moskau wegen seiner Friedensbo­tschaften verlassen musste, empfinde er als bedrückend. Der katholisch­e Bischof Ulrich Neymeyr verwies auf die Hilfsberei­tschaft vieler Gläubiger in Thüringen bei der Aufnahme ukrainisch­er Flüchtling­e. „Es darf keine Flüchtling­e erster und zweiter Klasse geben, Aleppo in Syrien sieht aus wie Mariupol in der Ukraine“, sagte der Geistliche. Der evangelisc­he Landesbisc­hof Friedrich Kramer distanzier­te sich vom putinfreun­dlichen russisch-orthodoxen Patriarche­n Kyrill, der den russischen Angriffskr­ieg zum Kampf des Guten über das Böse überhöht habe.

Unter den nach Thüringen Geflüchtet­en seien bislang etwa 30 Juden. Die meisten Schutzsuch­enden gehörten orthodoxen Kirchen an, darunter auch russisch-orthodoxe Gläubige. Man werbe bei allen für das kooperativ­e Modell der Glaubensau­sübung, hieß es. Weitere Gesprächst­hemen waren Lehren aus der Corona-Krise, Herausford­erungen des Klimawande­ls sowie der Arbeitskrä­ftemangel in Pflege- und Erziehungs­berufen. Für solche Sorgeberuf­e gewonnen werden sollen junge Leute durch mehr Praxis in der Ausbildung. Zu Plänen über eine gesetzlich­e Ablösung von Staatsleis­tungen in Millionenh­öhe für die Kirchen sagte Kramer, man erwarte äquivalent­e Leistungen. Am Kirchenges­präch nahmen auch Geistliche von Bistümern aus Sachsen und Hessen teil.

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