SPD setzt nach Wahlpleite auf NRW
Die Sozialdemokraten versuchen, das schlechte Abschneiden in Kiel hinter sich zu lassen
Berlin. Nach der Wahlschlappe in Schleswig-Holstein legt die SPD ihre geballte Kraft auf den kommenden Sonntag. „Die SPD ist stark – und das werden wir in dieser Woche auch deutlich machen, wenn wir den Blick nach Nordrhein-Westfalen richten“, sagte Parteichef Lars Klingbeil. Zu spüren sein soll das am Freitag, wenn die geballte Parteiprominenz zur Abschlusskundgebung nach Köln kommt: Außer Klingbeil und der Co-Vorsitzenden Saskia Esken haben sich Generalsekretär Kevin Kühnert sowie die Ministerpräsidentinnen Malu Dreyer und Anke Rehlinger angekündigt. Und natürlich Kanzler Olaf Scholz.
Mit einer Wahlniederlage in Schleswig-Holstein gegen den beliebten CDU-Ministerpräsidenten Daniel Günther hatte die SPD gerechnet, je näher der Wahltag kam. Aber das historisch schlechte Ergebnis von 16 Prozent und ein Minus von elf Punkten sind unerfreulich vor der so wichtigen Wahl an Rhein und Ruhr. Es gäbe für die SPD in diesem Jahr keinen größeren Erfolg, als ihre „Herzkammer“nach fünf Jahren von der CDU zurückzuerobern.
Klingbeil bemühte sich am Montag, die Unterschiede zwischen Schleswig-Holstein und NordrheinWestfalen zu betonen: Während es im Norden vor allem darum gegangen sei, ob die CDU künftig mit FDP oder Grünen regiere, gebe es in NRW einen echten Zweikampf zwischen SPD und CDU. Und anders als Daniel Günther habe der dortige CDUSpitzenkandidat und inmitten der Wahlperiode ins Amt gekommene Ministerpräsident Hendrik Wüst keinen Amtsbonus.
Ein Wahlsieg im bevölkerungsreichsten Bundesland würde nicht nur der SPD Ruhe verschaffen, sondern auch den in die Kritik geratenen Kanzler und seinen Kurs im Konflikt mit Russland stützen. Die Rückendeckung Nordrhein-Westfalens für Projekte der von Scholz geführten Ampelkoalition wäre zudem ein großer Vorteil für den Rest der Legislaturperiode – und für den Kanzler selbst ein strategischer Vorteil auch im Hinblick auf die kommende Bundestagswahl.
Da solche machttaktischen Überlegungen für Wähler aber nicht unbedingt Argumente sind, versuchte Klingbeil der NRW-Bevölkerung einen Sieg von SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty anders schmackhaft zu machen: Kutschaty werde als Ministerpräsident „den direkten Draht zum Bundeskanzler“haben. Und das sei für ein von den Herausforderungen der wirtschaftlichen Transformation besonders betroffenes Land wie NRW schließlich besonders wichtig.