Thüringer Allgemeine (Gotha)

ESC 2022 im Schatten des Krieges

Ist Solidaritä­tssieg der Ukraine sicher?

- Von Johannes Neudecker

Turin. Eine große bunte Party, bei der die Tagespolit­ik außen vor bleibt. So sieht sich der Eurovision Song Contest (ESC) gern selbst. „Texte, Ansprachen und Gesten politische­r Natur“sind auf der Bühne sogar explizit verboten. In einem Jahr, in dem Russland die Ukraine angreift und nahezu die ganze Welt die Auswirkung­en spürt, kommt aber auch der Grand Prix kaum an den Ereignisse­n vorbei. Den russischen Beitrag schlossen die Organisato­ren bereits als Reaktion auf den Angriffskr­ieg Russlands vom Wettbewerb aus. Hoch gehandelt wird hingegen der Act der Ukraine. Das Land tritt im italienisc­hen Turin mit der Band Kalush Orchestra an. Geht es nach den Buchmacher­n, ist der Gruppe der Sieg schon sicher – nicht zuletzt aus Solidaritä­t.

„Stefania“heißt der Song, den die sechs ukrainisch­en Musiker dem weltweiten Publikum präsentier­en wollen, wenn sie ins Finale einziehen. Das Lied ist eine Mischung aus Rap und ukrainisch­er Volksmusik. Rapper Oleh Psjuk schrieb das Lied vor Kriegsausb­ruch und widmete es seiner Mutter, wie der 27-Jährige sagte. Dass das Publikum die Ukraine möglicherw­eise eher aus Solidaritä­t auf Platz eins votiert, ist eher Nebensache. „Es wäre der Sieg aller Ukrainer“, sagte Psjuk. Wegen des Krieges konnten Psjuk und das Kalush Orchestra in der Ukraine nach eigenen Angaben nicht proben und hatten erst nach ihrer Ausreise aus dem Kriegsland in Turin wieder dazu Gelegenhei­t.

Die Finals werden im Palasport Olimpico ausgetrage­n, eine Mehrzweckh­alle, die die Stadt für die Olympische­n Winterspie­le 2006 baute. Schon Pop-Queen Madonna oder Depeche Mode füllten die Ränge. Sollte die Ukraine das Rennen machen, stehen die ESC-Organisato­ren möglicherw­eise vor einem Dilemma. Nach den gewohnten Regeln müsste der ESC 2023 dann im Land des Gewinners – also in diesem Fall im potenziell­en Krisengebi­et Ukraine – stattfinde­n. dpa

ESC-Termine im Überblick:

Erstes Halbfinale: Dienstag, 10. Mai, 21 Uhr, in Turin

Zweites Halbfinale: Donnerstag, 12. Mai, 21 Uhr, in Turin

Liveshow Finale: Samstag, 14. Mai, 21 Uhr, in Turin.

Die Halbfinal-Shows werden beim Sender One ausgestrah­lt. Das Finale am 14. Mai ist bei der ARD zu sehen.

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