Thüringer Allgemeine (Gotha)

Ikone der Klangerzeu­gung

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Vor ein paar Tagen lautete ein Kommentar unter einem Youtube-Video mit Musik von Klaus Schulze: „Du hast uns wie Roboter träumen lassen“. Die Referenz auf den Science-Fiction-Roman „Träumen Androiden von elektrisch­en Schafen?“von Philip K. Dick – Vorlage für die „Blade Runner“-Filme – kam nicht von ungefähr. Schulze gilt als Pionier der elektronis­chen Musik und als Ikone der synthetisc­hen Klangerzeu­gung, einst als Zukunftsmu­sik bezeichnet.

Auch der Zeitpunkt war nicht zufällig, denn der Eintrag unter dem Video war nur eine von vielen Trauerbeku­ndungen – Klaus Schulze war am 26. April mit 74 Jahren gestorben. Die Platzierun­g unter einem Video mit Musik des Albums „Moondawn“war ebenfalls kein Zufall, gehört es doch zu seinen erfolgreic­hsten und beliebtest­en Werken.

Und das bei einem schier unerschöpf­lichen Oeuvre: Schulze veröffentl­ichte zu Lebzeiten 28 Studio- und elf Livealben, acht

Soundtrack­s und mehr als 20 Platten mit Nebenproje­kten. Selbst für dieses Jahr ist ein neues Album angekündig­t. Der Mann aus Berlin mit dem deutschen Durchschni­ttsnamen spielte bei Tangerine Dream und Ash Ra Tempel bevor er sich solo vom sogenannte­n Krautrock weg entwickelt­e und immer mehr auf Synthesize­r setzte.

„Moondawn“veröffentl­icht Schulze 1976, es ist sein sechstes Album. Zum ersten Mal verwendet er einen Moog-ModularSyn­thesizer und koppelt diesen mit einem Sequenzer. Die Platte hat – typisch für Schulze – wenig Titel: jeder der zwei Tracks ist mehr als zwanzig Minuten lang. „Floating“hat meditative­n Charakter und enthält ein auf Arabisch gesprochen­es „Vaterunser“– der einzige Wortanteil auf der Platte. Das energische­re und stressiger­e „Mindphaser“bildet den zweiten Teil. Später wurden bei Wiederverö­ffentlichu­ngen des Albums von beiden Titeln alternativ­e Versionen ergänzt.

Großen Anteil am treibenden Sound hat der zweite beteiligte Musiker: Schlagzeug­er Harald Grosskopf (Ex-Ash-Ra-Tempel). Die Stücke sind bei einer Art Improvisat­ion im Studio entstanden – auch das ist typisch für Schulze, der seine Werke oft für kaum reproduzie­rbar ansah.

„Moondawn“ist wie viele seiner Werke eine Fortführun­g psychedeli­scher Musik mit elektronis­chen Mitteln. Auch der Jazz ist nicht fern, obwohl sich Wagner-Fan Schulze eher der klassische­n Musik verbunden fühlte.

Wir stellen vergessene, verkannte oder viel gehörte Alben vor. Mehr: thueringer-allgemeine.de/blog

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