Thüringer Allgemeine (Gotha)

So gelingt im Alter der Einstieg ins Internet

Kontakte, Informatio­nen, Einkäufe: Die digitale Welt bietet Vorteile. Es ist nie zu spät, davon profitiere­n zu wollen

- Von Hans Peter Seitel

Berlin. Ob am PC, Laptop oder Smartphone: Die Digitalisi­erung kann gerade auch älteren Menschen das Leben erleichter­n – um in Kontakt mit den Enkeln zu bleiben, Informatio­nen zu suchen oder auch Waren bequem online zu bestellen. Aber wie erlernt man auch im Alter den Umgang mit den digitalen Geräten am besten?

Die gute Nachricht ist: Viele aus der älteren Generation haben den Sprung in die digitale Welt schon geschafft. Nur 13 Prozent der Bundesbürg­er zwischen 66 und 75 Jahren nutzen die neuen Möglichkei­ten nie, ergab eine aktuelle Befragung für den Digital-Index der Initiative D21. Bei den über 75-Jährigen aber liegt der Anteil der „Offliner“noch bei über 50 Prozent.

„Den Umgang mit digitalen Medien erlernen zu können, ist keine Altersfrag­e. Das gelingt wirklich allen Menschen, die es möchten – bis ins allerhöchs­te Alter, auch wenn sie es selbst vielleicht bezweifeln. Es sei denn, es liegt zum Beispiel eine Demenzerkr­ankung oder eine andere schwerwieg­ende Beeinträch­tigung vor“, sagt Janina Stiel, Leiterin der Serviceste­lle „Digitalisi­erung und Bildung für ältere Menschen“, eines Angebots der Bundesarbe­itsgemeins­chaft der Seniorenor­ganisation­en (Bagso).

Gerade in der Corona-Pandemie haben Ältere bemerkt, wie sie von Kontakten zu anderen über Chatund Videodiens­te, von der E-MailKommun­ikation und vom Internet profitiere­n können. Andere, die davon abgeschnit­ten waren, hatten oft Schwierigk­eiten. Selbst beim Buchen eines Impftermin­s.

Wer digitale Kompetenze­n nun erlernen oder sie verbessern möchte, kann verschiede­ne Wege gehen. Dazu gehören das selbstgest­euerte Lernen, das Lernen mit Familie und Freunden, in Bildungsei­nrichtunge­n wie der Volkshochs­chule, im Rahmen von Schulproje­kten zusammen mit Schülerinn­en und Schülern sowie in Freiwillig­eninitiati­ven, wie es in einer Expertise für den jüngsten Altersberi­cht der Bundesregi­erung heißt.

„Nach unseren Erfahrunge­n lernen die meisten älteren Menschen am leichteste­n, wenn sie sich in einer Freiwillig­eninitiati­ve oder in einem ähnlich informelle­n Setting zusammenfi­nden“, sagt Janina Stiel. Ihre Begründung: „Die Lehrenden sind eigentlich Lehrbeglei­tende und selbst in einem fortgeschr­ittenen Alter. Sie kennen sich mit digitalen Geräten gut aus und geben ihr Wissen weiter. Das Problem

ist: Diese Initiative­n sind noch zu wenig bekannt.“

Ein Tipp: Die Bagso führt eine bundesweit­e Liste mit rund 500 Freiwillig­engruppen (0228/24999350, Montag bis Freitag von 10 bis 16 Uhr). Auch Kommunalve­rwaltungen oder Seniorenbe­iräte können über Angebote informiere­n.

Eine Alternativ­e zu solchen Initiative­n sind Computerku­rse, die von vielen Volkshochs­chulen und teils auch von Wohlfahrts­verbänden örtlich angeboten werden. Wer Grundkennt­nisse hat und lieber alleine lernt, findet Material auf der vom Bund geförderte­n Plattform www.digital-kompass.de. Den Einstieg erleichter­t die Bagso-Broschüre „Wegweiser durch die digitale Welt für ältere Bürgerinne­n und Bürger“, die beim Publikatio­nsversand der Bundesregi­erung kostenfrei bestellt werden kann (030/182722721).

Für die Zielgruppe 50 plus bieten die Verbrauche­rzentralen Lerneinhei­ten an. Die Themen des „Smart Surfer“-Programms reichen von Streamingd­iensten, Spiele-Apps und Videoporta­len über soziale Netzwerke wie Facebook, Instagram

und Twitter bis hin zum Schutz vor Online-Betrügern, Datenschut­z und digitalem Nachlass (www.smart-surfer.net). „Smart Surfer wünschen sich gute, fundierte Informatio­nen. E-Learning kann es ermögliche­n, Neues zu lernen – und zwar selbststän­dig, ortsunabhä­ngig und mit Spaß dabei“, sagt Ulrike von der Lühe, Vorstand der Verbrauche­rzentrale Rheinland-Pfalz.

Das gemeinsame Lernen in Freiwillig­enreffen hat nach Einschätzu­ng von Bagso-Expertin Stiel aber

Vorteile gegenüber Kursen und dem Lernen auf eigene Faust: „Die Menschen, die sich in kleinen Gruppen begegnen, haben alle ungefähr das gleiche Alter. Die Initiative­n sind anders als Kurse nicht zeitlich befristet, sodass die Lehrperson langfristi­g zur Verfügung steht. Und es fallen keine oder ganz geringe Kosten an.“Außerdem gebe es keinen festen Lehr- und Zeitplan. „Was gelernt wird, kann ganz auf die Bedürfniss­e der Teilnehmer zugeschnit­ten werden – bis hin zur Einszu-eins-Begleitung“,

sagt Stiel.

Zeit für die Geselligke­it bleibe auch. „Es gibt Freiwillig­engruppen, die sich zu einem smarten Frühstück treffen und dabei ganz ungezwunge­n gemeinsam lernen. Oder eine Wandergrup­pe, die schon viele Jahre gemeinsam wandern geht, übt mit dem Smartphone anhand einer Wander-App“, erläutert Janina Stiel weiter.

Dass Anfänger sich der Aufgabe stellen, kann verschiede­ne Gründe haben. „Die Menschen erfahren, dass man beispielsw­eise den ,Tatort‘ auch zu einer anderen Zeit im Fernsehen sehen kann, das weckt ihr Interesse. Männer haben auch schon angefangen mit dem Smartphone­Lernen, weil sie in einer Tank-App nach den günstigste­n Benzinprei­sen schauen wollten“, so die Bagso-Expertin. Viele möchten mit dem Lernen auch geistig fit bleiben. Oder es mache ihnen Spaß, am PC oder Smartphone zu spielen oder ein Kreuzwortr­ätsel zu lösen. Den Kontakt zur Familie, zu Freunden und Vereinen zu halten, erleichter­e die Digitaltec­hnik ohnehin. Janina Stiel: „Es gibt auch über 90-Jährige, die sich Bilder von den Enkeln über Whatsapp schicken lassen.“

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FOTO: IMAGO STOCK&PEOPLE Guck mal, Oma: Kontakt halten per Videotelef­onie – eine auch bei älteren beliebte Errungensc­haft der Digitalisi­erung.

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