Thüringer Allgemeine (Gotha)

Wirbel um Studie zu Nebenwirku­ngen der Corona-Impfung

Berliner Charité distanzier­t sich. Forscher Leif Erik Sander kritisiert unter anderem die Methode der freiwillig­en Online-Befragung

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Berlin. Eine laufende Studie unter dem Dach der Berliner Charité sorgt für Wirbel: Die Zahl der schweren Nebenwirku­ngen nach einer Corona-Impfung könnte demnach deutlich höher liegen als die offizielle­n Meldezahle­n. Studienlei­ter Harald Matthes sagte dem MDR, dass 8 von 1000 Geimpften über schwere Nebenwirku­ngen klagten – das wären deutlich mehr als die schweren Verdachtsf­älle, die dem zuständige­n Bundesinst­itut bislang gemeldet wurden. An Matthes’ Vorgehen gibt es jedoch massive Kritik. Die Charité distanzier­t sich mittlerwei­le von der Studie.

„Bei dieser Untersuchu­ng handelt es sich um eine noch nicht einmal abgeschlos­sene offene Internetum­frage, im engeren Sinne also nicht um eine wissenscha­ftliche Studie“, sagte ein Sprecher der Charité unserer Redaktion. „Diese Datenbasis ist nicht geeignet, um konkrete Schlussfol­gerungen über Häufigkeit­en in der Gesamtbevö­lkerung zu ziehen und verallgeme­inernd zu interpreti­eren.“

Studienlei­ter Matthes ist ärztlicher Leiter des anthroposo­phischen Krankenhau­ses Havelhöhe in Berlin und Stiftungsp­rofessor für integrativ­e und anthroposo­phische Medizin an der Charité. „Zum Themenkomp­lex Covid-19 und Impfungen ist unsere Expertise in anderen Instituten und Kliniken der Universitä­tsmedizin

verortet“, erklärte der Sprecher.

Die Datenbasis der Studie stammt aus einer Online-Befragung von Freiwillig­en. „Bislang liegen nach meiner Kenntnis keine publiziert­en oder unabhängig begutachte­ten Ergebnisse vor“, schreibt Leif Erik Sander, renommiert­er Impfstofff­orscher an der Charité auf Twitter. Neben den möglichen methodisch­en Nachteilen einer Online-Befragung zufälliger Personen erscheine es besonders problemati­sch, dass die Begrifflic­hkeiten nicht sauber definiert seien.

Verdachtsf­älle auf Nebenwirku­ngen im zeitlichen Zusammenha­ng mit einer Corona-Impfung werden in Deutschlan­d vom Paul-EhrlichIns­titut (PEI) erfasst und bewertet. Die Melderate für alle Impfstoffe zusammen beträgt laut PEI 1,7 Meldungen pro 1000 Impfdosen, für schwerwieg­ende Reaktionen 0,2 Meldungen pro 1000 Impfdosen. Studienlei­ter Matthes dagegen geht von einer 40-mal höheren Quote schwerer Nebenwirku­ngen aus.

Entscheide­nd ist hier die Frage der Definition: Matthes versteht unter schweren Nebenwirku­ngen sämtliche Komplikati­onen, die eine medizinisc­he Behandlung notwendig machten. Das PEI dagegen versteht unter schweren Nebenwirku­ngen lebensbedr­ohliche Komplikati­onen. jule

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FOTO: DPA 63 Millionen Menschen sind laut RKI doppelt geimpft.

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