Ist der Messerangreifer ein Islamist?
Ein Mann verletzt mehrere Menschen in einem Zug bei Aachen. Polizei sucht nach Motiv
LESERBRIEFE
Zum Krieg in der Ukraine
Russland hat völkerrechtswidrig die Ukraine angegriffen und führt dort Krieg. Die Eskalationsspirale ist im Gange und die Europäer, und die Deutschen im Besonderen, werden die Verlierer sein. Wir kaufen nun Rohstoffe von anderen Despoten zu überhöhten Preisen. Wir sind der größte „amerikanische Flugzeugträger“und im heißen Krieg mit dem Feind Russland das Hauptziel. Amerikanische Politiker sagen offen, es geht um die geopolitische Lage und wirtschaftliche Interessen. Warum aber sind die Gewinne der Rüstungsindustrie und Ölkonzerne aus Kriegszeiten für Herrn Lindner tabu? Er könnte sie nicht berechnen. Warum?
Hermann Uth, Erfurt
Die Begründung von Wladimir Putin ist aus der Sicht Russlands logisch. Die Osterweiterung der Nato nach dem Ende der Sowjetunion ist der eigentliche Knackpunkt. Keine Großmacht der Welt – allen voran die USA – hätte sich diese Bedrohung durch die Nato gefallen lassen. Gorbatschow und Jelzin haben die Sowjetunion an den Abgrund ihrer Existenz gebracht. Westliche Überheblichkeit lässt sich Putin nicht bieten und kann seitens Russlands nicht hingenommen werden. Vor dieser westlichen Scheindemokratie darf Putin nicht einknicken. Ronald Krause, Sömmerda
Zu Ostern trugen auf dem Passionsweg in Rom eine Ukrainerin und eine Russin das Kreuz ein Stück des Weges gemeinsam. Dies war natürlich gewissen Kreisen ein Dorn im Auge, für die überwiegend friedliebende Menschheit hingegen ein Zeichen von Hoffnung und Zuversicht. Wie wäre es, wenn in den Medien den Friedensbewegungen in der Ukraine, in Russland und Belarus, die es dort, wenn auch unter erschwerten Bedingungen, gibt, eine viel größere Aufmerksamkeit geschenkt würde?
Hartmut Holland, Zella-mehlis
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Thüringer Allgemeine
Leserredaktion leserbriefe@thueringer-allgemeine.de
Berlin/aachen. Am Ende seines Auftritts bei der Pressekonferenz dankte Nordrhein-westfalens Innenminister Herbert Reul noch dem Mann, der wahrscheinlich Schlimmeres verhindert hat. Der Leben gerettet hat. Ein Bundespolizist, 61 Jahre alt. Und eigentlich war er an diesem Freitagmorgen um kurz vor acht Uhr gar nicht im Dienst. Er war privat unterwegs in der Regionalbahn, als bei Herzogenrath nach Aachen der Täter losschlug.
Der Mann ist 31 Jahre alt, zückt in dem Zug ein Messer und attackiert die Fahrgäste. „Wahllos und willkürlich“sticht er auf die Menschen ein, so wird es Reul später bei seinem Auftritt vor den Fernsehkameras berichten. Es sind Erkenntnisse der Polizei vor Ort, die mit 200 Beamtinnen und Beamten den Tatort abschirmt, Spuren sichert, Verletzte und Zeugen der Tat versorgt.
Fünf Menschen verletzt der Täter, außerdem sich selbst. Die Opfer erleiden Schnittwunden an Armen und im Gesicht, einer Person sticht der Täter in die Schulter. Niemand schwebt in Lebensgefahr. Und das, so Cdu-politiker Reul, sei vor allem dem 61-jährigen Bundespolizisten zu verdanken. Er habe den Angreifer überwältigt, ihn zu Boden gerissen. Zwei weitere Männer, die im Zug unterwegs waren, halfen dem
Polizisten. Fast 300 Menschen waren an diesem Morgen in der Regionalbahn unterwegs. Auch der Polizist wurde bei dem Ringen mit dem Messerangreifer verletzt. Auch er wurde medizinisch versorgt.
„Opfer und Täter standen in keinerlei Beziehung zueinander“, sagt Innenminister Reul. „Nach allem, was wir bisher wissen, müssen wir bei dieser Tat von einer Amoktat ausgehen.“Doch die Geschichte des Täters führt die Ermittler nun noch auf eine weitere Spur, der sie nachgehen. Ist die Gewalttat islamistisch motiviert?
Der mutmaßliche Täter soll aus dem Irak stammen
Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich laut der Polizei um einen Mann aus Nordrhein-westfalen, der gebürtig aus dem Irak stamme. Im Jahr 2017 sei er als sogenannter islamistischer Prüffall geführt worden, seitdem habe es „keine Auffälligkeiten“gegeben, sagte Reul.
„Prüffall“ist die niedrigste Stufe der Skala des Verfassungsschutzes, anhand der der Nachrichtendienst der Gefährlichkeit von mutmaßlichen politischen Tätern nachgeht. Das gesamte Potenzial im islamistischen und islamistisch-terroristischen Spektrum schätzen die Sicherheitsbehörden momentan auf bundesweit 28.290 Menschen. Darunter sind gut 300 sogenannte islamistische Gefährder, denen die Polizei jederzeit eine schwere Gewalttat zutraut.
Im Fall in Aachen aber war der mutmaßliche Täter nicht als „Gefährder“geführt, nicht mal aktuell als „Islamist“. Ein „Prüffall“ist entsprechend unscharf, wenige Belege für eine klar islamistische Haltung des Täters lagen offenbar 2017 vor. Wie der Fall weiter bearbeitet wurde bei der Polizei, ist derzeit unklar. Ein Hinweis aus einer Flüchtlingsunterkunft soll die Ermittler damals zu dem Mann geführt haben. Er habe sich isoliert, sich einen Bart wachsen lassen, sagt Innenminister Reul.
Was auch auffällt: Der Mann sei unter verschiedenen Namen aufgetreten. Das kam in den Jahren 2015 und 2016 häufiger vor, weil bei den Asylbehörden Chaos im Umgang mit der Vielzahl von Flüchtlingen herrschte. Es könnte zudem ein Trick sein, um mithilfe von Aliasnamen
dem Zugriff der Behörden zu entgehen.
Seit 2017 haben die Ermittler laut Angaben der Nrw-regierung keinen Hinweis mehr darauf, dass der mutmaßliche Täter der islamistischen Szene angehört. Innenminister Reul sagt dies mit Vorsicht, denn gerade aufgrund der diversen benutzten Identitäten dauert die Beweisfindung noch an.
All das müssen die Ermittler nun in dem Fall der Messerattacke prüfen: Ist der mutmaßliche Täter als Islamist einzustufen? Oder hatte er ein anderes Motiv für seine Tat? Welche Rolle spielt seine psychische Verfassung?
In der Vergangenheit hatte es beides gegeben: Messerattacken von Islamisten, die sich offen zu Terrorgruppen wie dem selbst ernannten „Islamischen Staat“bekannt haben. Im Oktober 2020 etwa schlug ein Islamist in Dresden mit einem Messer zu, tötete einen Mann aus Schwulenhass, verletzte seinen Partner schwer. Auch bei einer Messerattacke in einem ICE in Nürnberg Ende 2021 gehen die Ermittler einem islamistischen Motiv nach.
Anders war es bei der Bluttat in Würzburg, bei der ein Mann drei Frauen mit einem Messer tötete, andere schwer verletzte. Dort sprechen die Strafverfolger von einer Amoktat, sehen kein islamistisches Motiv.