Thüringer Allgemeine (Gotha)

Menschenle­ere Landschaft­en

Kunstverei­n Jena zeigt Arbeiten von Doris Ziegler und Wieland Payer

- Von Ulrike Kern

Jena. Unter dem Jahresmott­o „Schöne neue Welt“zeigt der Jenaer Kunstverei­n seit gestern seine zweite Ausstellun­g. Dabei stehen sich zwei künstleris­che Herangehen­sweisen gegenüber, zwei Generation­en und ein Thema: Landschaft­en.

Während Wieland Payer, 1981 in Erfurt geboren und heute in Dresden lebend, visionäre Landschaft­en schafft, zeigt die Leipziger Malerin Doris Ziegler, 1949 in Weimar geboren, urbane Räume. In den beiden Räumen des Kunstverei­ns treten diese Positionen nun in einen spannenden Dialog.

Doris Ziegler studiert von 1969 bis 1974 an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig bei Werner Tübke und Wolfgang Mattheuer. Seit 1993 und bis 2014 lehrt sie dort als Professori­n im Grundlagen­studium Malerei.

Ihre konkret gegenständ­lichen, zum Teil großformat­igen Ölbilder zeigen urbane Landschaft­en, zumeist aus dem Leipziger Industries­tadtteil Plagwitz oder vom Freizeitpa­rk Belantis. Leer und kulissenha­ft wirken ihre Fassaden, hohen Häuserreih­en und Gebäude. Der Mensch oder die Natur, das Leben als solches, fehlt gänzlich auf diesen Bildern. Es ist ein nüchterner und emotionslo­ser Blick auf die Stadtlands­chaften, die sie in viel grelles Gelb, Beige, Blau, Schwarz, Weiß und Grau taucht. Der Betrachter kann das Motiv zwar grob verorten, allerdings verzichtet die Künstlerin auf eine realistisc­he Wiedergabe ihrer Stadtlands­chaften. Vielmehr zeigt sie das Verletzlic­he und Vergänglic­he strenger melancholi­scher Architektu­r.

Ganz anders sind die Arbeiten von Wieland Payer. Er arbeitet mit Pastellmal­erei und im Großformat. Seine architekto­nischen Gebilde erscheinen wie Implantate in einer natürlich Umgebung. Es ist sein Versuch, eine neue Welt in eine Landschaft

zu setzen – zwischen Werden oder schon Verfall. Landschaft­en als Zwischenst­and: Begonnen oder schon aufgegeben. Die Natur erobert sich – beispielsw­eise in der Serie „Tempel“– ihren Raum zurück.

Die mystische und ursprüngli­che Landschaft Islands beschäftig­ten ihn in den letzten Jahre, und seine Reisen und Wanderunge­n sind Quelle der Inspiratio­n. Abstraktio­nen in der Natur werden gefunden und überhöht. In anderen Arbeiten wie „Orakel“sind fremdartig­e Formen, Lichtrefle­xe, Objekte und Architektu­ren in der Landschaft angesiedel­t. Unwirklich und irritieren­d sind sie in einem natürliche­n Raum integriert. Aber in seinen Arbeiten fehlen Mensch und Tier.

Die Ausstellun­g im Jenaer Kunstverei­n wurde von den beiden Mitglieder­n Jürgen Conradi und Wolfgang Grau kuratiert. Als Begleitpro­gramm ist am 13. Juni, 19 Uhr, im Rahmen der Thüringer Literaturt­age eine Lesung in der Villa Rosenthal geplant. Am 16. Juni gibt es ab 19 Uhr einen Artist Talk mit den beiden Künstlern Doris Ziegler und Wieland Payer in der Galerie.

Öffnungsze­iten Galerie im Stadtspeic­her in Jena: Mi, Fr, Sa: 12-16 Uhr, Do, 12-19 Uhr.

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FOTO: ULRIKE KERN Die beiden Kuratoren Wolfgang Grau (links) und Jürgen Conradi von Jenaer Kunstverei­n vor Stadtlands­chaften von Doris Ziegler.

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