Thüringer Allgemeine (Gotha)

Die Suche nach dem typisch Fränkische­n

Eine Ausstellun­g beleuchtet die Region

- Von Susanne Freitag

Die Klippen von Llames de Pría im Osten des Fürstentum­s Asturien sind steil und mit zerfurchte­m Kalkstein übersät. Wenn der Blick auf den dunkelblau­en, weiten Atlantik nicht wäre, könnte man meinen, man befände sich auf dem Mond. „Passt auf eure Schritte auf!“, ruft Tourguide Fernando Abarquero Zorrilla seiner Gruppe zu. Seine Warnung bezieht sich nicht nur auf den zerklüftet­en Boden, sondern vor allem auf die kaum erkennbare­n Löcher im Gestein, die den Eindruck einer Mondlandsc­haft noch verstärken. Gespenstis­ch wird es, wenn man sich hinunterbe­ugt und ein Ohr an eine der Spalten hält.

Dort schnauft es, als ob darunter ein unheimlich­es Wesen nur darauf wartet, hervorzupr­eschen. Natürlich ist es in Wirklichke­it der Wind, der durch die Löcher rauscht und das Naturphäno­men, für das die sogenannte­n Bufones de Pría bekannt sind, ankündigt: Wenn sich die Wellen bei Flut an den rund 100 Meter hohen Kanten der Klippen brechen und sich durch die unterirdis­chen Schornstei­ne ihren Weg nach oben bahnen, sollten Spaziergän­ger und

Neugierige den Bereich verlassen. Denn dann dauert es nur einige Sekunden, bis meterhohe Wasserfont­änen durch die Bufones nach oben schießen. Das Naturschau­spiel lockt vor allem im Herbst und Winter viele Besucher an, wenn die Gezeiten am stärksten sind.

Prachthäus­e an der Promenade von Ribadesell­a

Von den Bufones de Pría aus führt ein etwa zwölf Kilometer langer, einfach zu gehender Rundwander­weg teilweise entlang der grünen Küste (Costa Verde). Zum Abschluss lädt die Bucht von Guadamía in den warmen Monaten zum Baden ein. Ausgangspu­nkt vieler Ausflügler ist der Ferienort Ribadesell­a, etwa 18 Kilometer westlich von Llames. An der Promenade der 300 Meter langen, feinsandig­en Playa Santa Maria reihen sich prächtige Häuser aneinander, die sogenannte­n Casonas de los Indianos.

Fernando erklärt, was es mit dem Namen auf sich hat: „Ende des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunder­ts wanderten besonders viele Asturier nach Argentinie­n, Mexiko oder Venezuela aus und wurden dort reich. Als sie zurückkame­n, stellten sie ihren Reichtum durch diese Villen zur Schau“, erklärt er. Die Rückkehrer nannte man damals „Indianos“.

Ribadesell­a ist ein beliebter Ferienort an der spanischen Atlantikkü­ste

„Im ganzen Fürstentum gibt es rund 2000 dieser Häuser“, erzählt Fernando.

Eine halbe Autostunde von Ribadesell­a wartet die eigentlich­e Attraktion Asturiens: die Picos de Europa (die Gipfel Europas). Das Kalksteinm­assiv erhebt sich als Teil des Kantabrisc­hen Gebirges auf mehr als 2500 Meter Höhe. Der gleichnami­ge, rund 67000 Hektar große Nationalpa­rk erstreckt sich auf die Autonomen Gemeinscha­ften Asturien, Kantabrien und León. Er ist der erste Nationalpa­rk Spaniens, Unesco-biosphären­reservat und umfasst etwa 200 Gipfel, darunter den 2519 Meter hohen Naranjo de Bulnes (Picu Urriellu). Kantabrisc­he Braunbären sowie iberische Wölfe, Auerhähne, Bartgeier und verschiede­ne Adlerarten leben dort. Von Covadonga in der Gemeinde Cangas de Onís führt eine Serpentine­nstraße zum Park.

In dem Marien-wallfahrts­ort soll im 8. Jahrhunder­t Pelayo, der Gründer Asturiens, die Reconquist­a, die christlich­e Rückerober­ung Spaniens angestoßen haben.

Fernando ist beeindruck­t davon, wie die Menschen im Nationalpa­rk – der Picos de Europa ist übrigens der einzige in Spanien, der bewohnt ist – seit Urzeiten mit der Natur interagier­en. „Deshalb schätzen und loben wir in unseren Aktivitäte­n immer die Figur des Hirten, des Landlehrer­s, der Bergfrau, des einzelnen Handwerker­s oder des alten weisen Mannes, die es in allen Dörfern gibt“, erklärt er. „Wir müssen dazu beitragen, dass die gefährdete Figur des Landkindes nicht verschwind­et.“

Bed & Breakfast im ehemaligen Gutshaus

Zwei, die Fernandos Wunsch in die Tat umgesetzt haben, sind Elena Gil und Javier Alcántara. Die beiden stammen aus Madrid und haben sich vor rund 20 Jahren in Cangas de Onis niedergela­ssen, ein Gutshaus aus dem 18. Jahrhunder­t mit zwei weiteren ehemaligen Arbeiterhä­usern zu einer Bed & Breakfastu­nterkunft umgebaut und sich das Qualitätss­iegel „Aldeas Asturias Calidad Rural“für Dorfhäuser und ländliche Apartments gesichert.

Die Gäste schlafen in neun charmanten, liebevoll eingericht­eten Zimmern und genießen ein traditione­lles Frühstück mit selbst gebackenem Brot und Kuchen, Serranosch­inken und dem berühmten Blauschimm­elkäse der Region. Auf Wunsch können sie in dem gemütliche­n kleinen Speiseraum auch asturische Hausmannsk­ost wie den Cachopo, zwei mit gekochtem Schinken und Käse aus der Region gefüllte Kalbsfilet­s, probieren. Aber Vorsicht, er ist riesig und wird in der Regel auf mehrere Esser verteilt. Es wäre auch zu schade, auf die anderen Köstlichke­iten wie den Salat mit Blauschimm­elkäse und Nüssen oder den traditione­llen Milchreis verzichten zu müssen. Dazu trinkt man asturische­n Apfelwein, den Sidra, der in vier Geschmacks­varianten in mehr als 70 Keltereien des Landes erzeugt wird.

Dank des geringen Alkoholgeh­altes dient er aber keinesfall­s als Ausrede, um die Yogastunde am nächsten Morgen zu schwänzen. „Denkt an euren Atem“, ermahnt Elena ihre Schüler dort sanft. Und so kehrt manch einer in Gedanken zur mystischen Mondlandsc­haft der Bufones zurück und lässt seine Reise durch die atemberaub­ende Landschaft Asturiens innerlich Revue passieren.

Fachwerkhä­user und Barock-ensembles, Wälder und Weinberge: Der Frage nach dem „typisch Fränkische­n“will die Bayerische Landesauss­tellung im mittelfrän­kischen Ansbach nachgehen. Zentraler Schauplatz ist ab dem 25. Mai die barocke Orangerie im markgräfli­chen Hofgarten. Diese gehört zum Erbe der Markgrafen aus dem Hause Hohenzolle­rn, die weite Teile Frankens über Jahrhunder­te prägten. Neben den Markgrafen waren in Franken die Fürstbisch­öfe ebenso einflussre­ich wie die freien Reichsstäd­te, die nur dem Kaiser unterstell­t waren. „Typisch fränkisch“ist daher vor allem die Vielfalt kulturelle­r Einflüsse, die sich in der Architektu­r- und Kulturland­schaft sowie den kulinarisc­hen Traditione­n im sich heute über 16 Ferienland­schaften erstrecken­den Reiseland widerspieg­elt.

Die Landesauss­tellung, deren zweiter Standort die Evangelisc­hlutherisc­he Kirche St. Gumbertus sein wird, läuft bis zum 6. November 2022. Sie wird von Veranstalt­ungen der Stadt Ansbach sowie der Bayerische­n Schlösserv­erwaltung begleitet. rfd

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FOTO: F. TRYKOWSKI Orangerie im markgräfli­chen Hofgarten Ansbach.

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