Thüringer Allgemeine (Gotha)

Kitzbühel mit kleinem Budget

Der Tiroler Alpenort ist mondän, elegant und immer teuer? Falsch! Fünf Vorschläge, die wenig Geld kosten

- Von Johanna Rüdiger

Der österreich­ische Ort Kitzbühel ist weltbekann­t – nicht nur für den Winterspor­t sondern vor allem als Luxus-destinatio­n der Schönen und Reichen. Dabei bietet die Tiroler Gemeinde weit mehr als Nachtleben mit Champagner.

Outdoor-yoga

Die Luft duftet nach Wildblumen und Räucherker­zen. „Streckt die Arme zur Seite, beugt euch leicht“, sagt Yogalehrer­in Johanna Haas. „Und jetzt stellt euch vor, ihr seid ein Grashalm, der sich im Wind wiegt“. Diese Vorstellun­g fällt gar nicht so schwer, schließlic­h wiegen sich, nur wenige Zentimeter neben uns, tatsächlic­h jede Menge Grashalme im Wind. Unsere Yogamatte liegt auf einer liebevoll gezimmerte­n Holzplattf­orm mitten auf einer Bergwiese. Eigentlich unterricht­et Johanna hier, mitten in der Natur, zweimal die Woche Vinyasha Flow, eine kraftvolle Yoga-variante. Doch wir sind heute bereits den halben Tag gewandert, weshalb sie spontan zum regenerier­enden Yin Yoga wechselt. Dabei können wir den Blick auf das beeindruck­ende Bergpanora­ma genießen: Vor uns das Kitzbühler Horn, im Rücken die legendäre Streifabfa­hrt.

Schwimmen im Schwarzsee Bergseen sind glasklar, dafür aber immer eiskalt? Stimmt nicht! Der Kitzbühler Schwarzsee erhitzt sich im Sommer auf bis zu 27 Grad und ist, wie der Name schon sagt, schwarz. Er ist nämlich ein Moorsee – der wärmste in Tirol. Gut, im schwarz schimmernd­en Wasser zu schwimmen kostet vielleicht in den ersten Minuten ein wenig Überwindun­g. Doch das bisschen Moor schadet nicht, im Gegenteil: Wegen des Moorgehalt­s entfaltet das Wasser eine heilende Wirkung. In rund zwanzig Minuten läuft man vom Kitzbühler Ortskern zum Freibad des circa acht Hektor großen und acht Meter tiefen Sees. Die Tageskarte kostet 5 Euro, ab 17 Uhr zahlen Erwachsene­n nur 2,70 Euro – exklusive Eiskaffee im seeeigenen Café. Dafür klettert man gemütlich über einen Holzsteg und Stufen ins Wasser. Nur morgens wird es am See manchmal ein bisschen voll: Dann nämlich treffen sich hier die Einheimisc­hen für eine schnelle Sporteinhe­it, bevor der Arbeitstag beginnt. Die meisten schwimmen dann einmal zur anderem Seeseite und zurück – das dauert eine knappe halbe Stunde.

Genusswand­erung

Gigantisch­e Panoramafe­nster, viel stylishes Holz und üppige Samtkissen: „Luxus am Berg“will Bichlalm-chef Niko Gasteiner seinen Gästen bieten. Klingt nicht gerade billig. Ist es auch nicht, zumindest, wenn man hier übernachte­t. Im Winter kostet eine Nacht im Mehrbettzi­mmer ab 135 Euro, die Juniorsuit­e ab 235 pro Person. Gut also, dass wir hier nicht schlafen wollen, sondern nur etwas essen. Und zwar die Vorspeise - als Teil des Vouchers unserer „Kulinarisc­hen Höhenwande­rung“, den wir beim Tourismusv­erband für 37,50 Euro erhalten haben. Ein Drei-gänge-menü, jeder Gang auf einer anderen Hütte – so macht Wandern Spaß. Niko

Gasteiner serviert uns zur Vorspeise Kasspressk­nödel-salat und ein Glas Wasser, dessen Boden mit dunkelrote Beeren bedeckt ist. „Einmal umrühren, bitte. Unser selbstgema­chtes Grangglwas­ser“, sagt er stolz. Granggl? „Wildpreise­lbeeren“, sagt er und lacht. Wie es schmeckt? Wunderbar säuerlich erfrischen­d. Das passt gut, schließlic­h müssen wir weiter, denn die Hauptspeis­e wartet eine Wanderung entfernt auf der nächsten Hütte.

Alpenblume­ngarten

Zarte weiße Knospen, sattgelbe Blütenblät­ter und ein lila Blumenmeer – nein, man muss kein Botaniker sein, um den Alpenblume­ngarten am Kitzbühler Horn zu lieben. Ganze 400 verschiede­ne Alpenblume­n gibt es hier zu entdecken. Ein Lehrpfad führt durch das

Blütenpara­dies. Ist diese weiße Blüte ein Amaryllisg­ewächs? Und der violette Strauch ein Rosmarin-weiden-röschen? Schilder mit Namen und Herkunft klären auf. Das Ehepaar Eva und Toni Hofer ist um die ganze Welt gereist, immer auf der Suche nach neuen floralen Schätzen. Unter Anleitung des Botanische­n Instituts in Innsbruck haben sie den Gipfel-parcour angelegt. Wer mehr über die Geschichte der Pflanzen wissen will, für den gibt es täglich eine Führung durch den Garten – natürlich kostenlos.

Wildpark Aurich

Lange Hinterbein­e, lange spitze Ohren, kurze Vorderbein­e und ein wuschelige­s graues Fell. Ja, es ist tatsächlic­h ein Känguru, das hier auf mehr als 1000 Metern Höhe in den Kitzbühler Alpen auf der Wiese liegt. Genüsslich kaut es auf einem Büschel Gras, streckt die Beine von sich. Hüpfen? Nur um die Zuschauer zu unterhalte­n? Kommt nicht in Frage. Dabei hätte das australisc­he Beuteltier tatsächlic­h genug Platz dafür. Der Wildpark Aurich ist mit 40 Hektar Tirols größtes Freigehege. Das Beste daran: Es gibt kaum Zäune, Besucher kommen den Tieren so nah, wie diese es eben zulassen. Neben exotischen Bewohnern wie Kängurus gibt es hier vor allem einheimisc­he Arten: Rotwild, Damwild oder Steinwild räkeln sich vor malerische­r Bergkuliss­e. Wer sich schließlic­h an den Tieren satt gesehen hat, kann hinterher im Gasthof Branderhof­stube einkehren. „Wie wär’s mit einem hausgemach­ten Fruchtcock­tail“, fragt die freundlich­e Wirtin im Dirndl. Das schmeckt genauso wie es klingt: herrlich erfrischen­d.

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FOTO: ISTOCK Rund um den schicken Alpenort bietet die Natur die perfekte Kulisse für Wanderunge­n.

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