Rassist ermordet zehn Menschen
Massaker in Buffalo (New York): Der 18-jährige Schütze überträgt seine Tat im Netz
Washington. Die „Tops“-Supermarktkette im US-Bundesstaat New York trägt ausdrücklich das Prädikat „freundlich“im Namen. Am Samstag machte die Filiale im 280.000 Einwohner zählenden Buffalo Bekanntschaft mit dem, was Bezirkssheriff John Garcia mit bebender Stimme „das reine Böse“nannte.
Payton Gendron, 18 Jahre, weißer Ex-Student der Ingenieurwissenschaft, erschoss dort bei einem lange vorbereiteten Attentat zehn Menschen und verletzte weitere drei. Elf Opfer sind Afroamerikaner. Der aus dem dreieinhalb Autostunden südlich gelegenen Conklin stammende Täter ist ausweislich eines von ihm im Internet verbreiteten, 180-seitigen Pamphlets Faschist, Neonazi, Antisemit und Anhänger der „Vorherrschaft der Weißen” – der „white supremacy“. FBI und Staatsanwaltschaft gehen von einem Hassverbrechen und „rassistisch motiviertem gewalttätigen Extremismus“aus.
Gendron plädierte nach seiner Festnahme vor dem Haftrichter in der Stadt in der Nähe der Niagarafälle auf unschuldig. Ihm droht Haft bis ans Lebensende.
Der bereits in der Highschool durch Gewaltandrohungen aufgefallene 1,90-Meter-Mann hatte das bislang folgenschwerste Massaker dieses Jahres in Amerika mit einer Go-Pro-Kamera am militärischen Schutzhelm live auf Twitch übertragen. Der Streamingdienst gehört zu Amazon und wird vorwiegend von Videospielfans frequentiert. Schon Stephan Balliet, der Doppelmörder von Halle 2019, nutzte diese Plattform.
Der in Militär-Camouflage gekleidete Gendron begann bereits auf dem Parkplatz des Geschäfts zu schießen. Mindestens drei Menschen starben hier. Nach Betreten des Supermarktes legte er laut Polizei wahllos auf Kunden und Angestellte an. Unter den Toten ist auch Aaron Salter, ein ehemaliger Cop, der sich hier als Security Guard verdingt hatte. Sein Schuss auf den Todesschützen prallt von dessen schusssicherer Weste ab.
Als die Polizei wenig später am Tatort eintraf, drohte Gendron damit, sich zu erschießen. Cops überredeten ihn zur Aufgabe. In seinem hinterlassenen „Manifest“bekundete Gendron, dass er durch das Rechtsaußen-Internetforum 4chan radikalisiert wurde und sich vor allem durch Brenton Tarrant „inspiriert“fühlte. Der gebürtige Australier hatte 2019 in Christchurch (Neuseeland) ebenfalls live gestreamt und in zwei Moscheen 51 Menschen umgebracht.
Tarrant verwies in seinem Bekennerschreiben
auf den französischen Autor Renaud Camus, der auch die rechtsextremen Identitären in Deutschland bis hin zur AfD ideologisch aufgeladen hat. In „Grand Remplacement“(Großer Bevölkerungsaustausch) wird die Verschwörungsthese verbreitet, dass in den USA wie in Europa linke Eliten die Vorherrschaft der Weißen zerstören wollten, sodass weiße „Einheimische“schrittweise durch Zugewanderte ersetzt würden.
Gendron macht in den USA „hochfruchtbare Einwanderer“aus, die das demografische Gefüge aushebelten. Sich gegen „diesen Genozid“an den Weißen zu stellen, empfinde er als Pflicht.
Gendron bezieht sich auch auf weitere Massenmörder: auf den weißen Rassisten Dylann Roof, der 2015 in Charleston (South Carolina) neun schwarze Kirchgänger erschoss. Auf den Neonazi Robert Bowers,
der 2018 in der Pittsburgher Tree-of-Life-Synagoge elf Menschen tötete. Auf Patrick Wood Crusius, der 2019 in El Paso (Texas) in einem Walmart-Supermarkt gezielt auf Latinos Jagd machte und 23 Menschenleben auslöschte. Schließlich auch auf den norwegischen Rechtsextremisten Anders Breivik, der 2011 in Oslo und auf der Insel Utøya 77 Menschen tötete. J. J. MacNab vom Extremismusprogramm der George-Washington-Universität weist darauf hin, dass Versatzstücke der „white replacement“-Bewegung Eingang gefunden haben in den politischen Mainstream.
So redeten republikanische Kongressabgeordnete, die sich Ex-Präsident Donald Trump ideologisch nahe fühlen, seit Langem davon, dass die Demokraten die weiße Mehrheit gegen Muslime oder nicht weiße Einwanderer (Latinos etc.) austauschen wollten.
Fast deckungsgleich äußert sich regelmäßig Tucker Carlson, einer der quotenträchtigsten TV-Moderatoren des Senders Fox News. In einer Sendung schwadronierte der Multimillionär davon, dass die Demokraten „bewusst obrigkeitshörige Wähler aus der Dritten Welt importieren, um das bestehende Wahlvolk auszutauschen“. Experte MacNab: „Die, die solche Ideen verbreiten, sind zu tadeln. Nicht nur jene, die den Abzug betätigen.“