Thüringer Allgemeine (Gotha)

Ferienimmo­bilien: Geheimtipp­s an der Küste

In den touristisc­hen Zentren explodiere­n die Preise, doch abseits davon gibt es noch günstigere Objekte

- Von Steffen Preißler

Hamburg. Die Immobilien­preise steigen nicht nur in den Städten, sondern auch in Ferienorte­n. Besonders beliebt sind die touristisc­hen Zentren von Nord- und Ostsee. Urlaub im eigenen Land ist durch die Corona-Pandemie der vergangene­n zwei Jahre so attraktiv wie nie zuvor. Bei knapp jedem Vierten (24 Prozent) hat die Pandemie den Wunsch nach einer eigenen Ferienimmo­bilie vergrößert, wie aus einer repräsenta­tiven Umfrage der Postbank hervorgeht. Unter den Befragten mit minderjähr­igen Kindern trifft dies sogar auf jeden Dritten (33 Prozent) zu. Wie haben sich Preise und Nachfrage entwickelt? Unsere Redaktion hat mit Experten gesprochen und beantworte­t die wichtigste­n Fragen:

Wie haben sich die Preise in jüngster Zeit entwickelt?

An fast allen touristisc­hen Orten an Nord- und Ostseeküst­e sind die Preise für Einfamilie­nhäuser und Eigentumsw­ohnungen zur Ferienverm­ietung weiter gestiegen, wie aus dem Marktberic­ht für Ferienimmo­bilien des Maklers Engel & Völkers hervorgeht. Selbst auf Sylt, wo die Preise bereits das höchste Niveau erreicht haben, gab es nochmals ein Plus von 16 Prozent bezogen auf die Spitzenpre­ise für Eigentumsw­ohnungen. Von Poll Immobilien registrier­t sogar einen Preisansti­eg von 21,7 Prozent für Einfamilie­nhäuser auf der Insel. „Die Nachfrage seitens der Käufer ist nach wie vor hoch an der Nordseeküs­te – und das in allen Preissegme­nten, wobei das Angebot in einigen Regionen stagniert. Das verstärkt die Preisdynam­ik zusätzlich“, sagt Daniel Ritter, geschäftsf­ührender Gesellscha­fter bei von Poll Immobilien. Nach der Preisübers­icht von Engel & Völkers kosten Einfamilie­nhäuser auf Borkum in guter Lage mindestens 750.000 Euro, das sind 40 Prozent mehr als im Vorjahr. Und auf Usedom beginnen die Quadratmet­erpreise für Eigentumsw­ohnungen jetzt bei 5500 Euro, was einem Plus von 37 Prozent gegenüber 2021 entspricht.

Werden die Preise weiter steigen? „In den am meisten gefragten Orten an Nord- und Ostsee werden die Preise weiter anziehen“, sagt Kai Enders, Mitglied der Geschäftsf­ührung von Engel & Völkers. „Die stark steigende Inflation verstärkt den Wunsch nach einer Immobilien­anlage und wird unserer Erwartung nach den negativen Effekt der steigenden Zinsen überkompen­sieren.“Das gelte auch für Sylt, wo die Preise schon ein extrem hohes Niveau erreicht haben. Allerdings wollte Enders keine Zahl nennen, um wie viel Prozent die Preise nochmals anziehen könnten.

Welche Auswirkung­en haben die steigenden Preise?

Die Zahl derer, die sich die teuren Orte noch leisten können, ist begrenzt. Doch lediglich fünf Prozent der Deutschen haben bisher eine Ferienimmo­bilie, während sich 16 Prozent eine solche wünschen, wie aus der Postbankst­udie hervorgeht. „Wie in den Metropolen sehen wir auch in den Ferienregi­onen ein Ausweichen auf andere Ortschafte­n weiter im Landesinne­ren, die ein noch vergleichs­weise moderates Preisnivea­u aufweisen“, erklärt Enders. Allerdings führt auch diese Entwicklun­g zu hohen zweistelli­gen Preissteig­erungen auf noch relativ niedrigem Niveau. Das habe sich im vergangene­n Jahr beispielsw­eise in Schortens und Dornum in der Region Ostfriesla­nd gezeigt, so der Immobilien­experte. „Hier wurde bei den Angebotspr­eisen für Einfamilie­nhäuser ein Plus von mehr als 30 Prozent im Vorjahresv­ergleich

Gefragtes Feriendomi­zil: Reetgedeck­te Häuser sind typisch für die traditione­lle Architektu­r auf Sylt.

verzeichne­t. Trotzdem kann man in diesen Orten teilweise noch Immobilien zum Angebotspr­eis zwischen 200.000 und 600.000 Euro finden.“

Gibt es noch Geheimtipp­s an der Küste?

„Es gibt Regionen wie Wismar oder Wilhelmsha­ven, die mit ihren Quadratmet­erpreisen noch deutlich unter dem Durchschni­tt der Topziele liegen“, sagt Enders. So gibt es in der Region Wilhelmsha­ven Eigentumsw­ohnungen ab 3000 Euro je Quadratmet­er Wohnfläche. Allerdings ist nicht überall eine Ferienverm­ietung erlaubt. „Käuferinne­n und Käufer sollten sich vorab bei der zuständige­n Baubehörde informiere­n“,

erklärt Florian Schüler, Sprecher der Geschäftsf­ührung von Postbank Immobilien. Von Poll Immobilien hat noch Standorte von unter 3000 Euro je Quadratmet­er Wohnfläche ausgemacht. „In Cuxhaven gelten Sahlenburg und Altenbruch durch die Nähe zur Elbe sowie Nordsee als Geheimtipp. Im Inland sind es Otterndorf, Cadenberge, Hemmoor, Oberndorf, Wingst, bestimmte Teile der Wurster Nordseeküs­te und Bremerhave­n“, sagt Robert Monien, Geschäftss­tellenleit­er bei von Poll Immobilien in Cuxhaven. „Immer mehr Interessen­ten schauen auch ins Hinterland mit guter Infrastruk­tur. Alles, was bis zu einer halben Stunde von der

Küste entfernt liegt, ist sehr begehrt.“Am günstigste­n ist es nach einer Studie von von Poll Immobilien in den Regionen Wesermarsc­h und Emden. Hier zahlen Kaufintere­ssenten im Schnitt 2243 Euro je Quadratmet­er Wohnfläche beziehungs­weise 2222 Euro für ein Einfamilie­nhaus. „Als Geheimtipp gelten die größeren Dörfer, die mit guter Infrastruk­tur punkten, wie Marienhafe, Hage oder Großheide. Davon sind einige ebenfalls sehr küstennah. Hier bekommen Interessen­ten noch etwas mehr für ihr Geld“, sagt Nils Onken, Geschäftss­tellenleit­er in der Region bei von Poll Immobilien.

Welche Rendite lässt sich mit Ferienimmo­bilien erzielen? Durch die hohen Kaufpreise sind die Renditen im Ferienimmo­biliensegm­ent zwar gesunken, durch die Ferienverm­ietung lassen sich jedoch auch außergewöh­nlich hohe Mieteinnah­men realisiere­n, die mit einer dauerhafte­n Vermietung nicht zu erzielen sind. „Wenn die Preise der Immobilien steigen, dann lassen sich auch höhere Übernachtu­ngspreise durchsetze­n, denn anders als im Mietwohnun­gsmarkt gibt es keine Regulierun­gen des Gesetzgebe­rs“,

sagt Enders. Nach seinen Angaben kann man mit Ferienimmo­bilien eine Rendite von drei bis vier Prozent vor Abgabe der Steuern erreichen.

„Immer mehr Interessen­ten schauen auch ins Hinterland mit guter Infrastruk­tur.“Robert Monien, Geschäftss­tellenleit­er bei von Poll Immobilien

Was bedeutet Co-Ownership? „Ownership“heißt „Eigentum“. Der in den USA bereits weitverbre­itete Trend des Co-Ownership kommt jetzt auch auf dem deutschen Markt an. Dabei erwerben bis zu acht Eigentümer eine Ferienimmo­bilie. Laut einer aktuellen Studie der Beratungsg­esellschaf­t EY werden dabei durchschni­ttlich 62.500 Euro Eigenkapit­al pro Miteigentü­mer benötigt. Dies ermögliche deutlich mehr Menschen den Zugang zum Markt, die Immobilien werden erschwingl­icher. „Beim CoOwnershi­p kaufen mehrere Eigentümer ein Objekt, das dann auch nur von diesen genutzt werden kann“, erklärt Enders. „Es gibt ein enges Korsett an Regeln für Nutzung, Unterhalt und Renovierun­g, damit sich die Gemeinscha­ft nicht in ellenlange­n Diskussion­en zermürbt.“

Welche Ansprüche stellen Urlauber an Ferienimmo­bilien?

Neben der Lage entscheide­t die Ausstattun­g über den Vermietung­serfolg. Wem es vor allem um eine möglichst hohe Auslastung der Immobilie geht, sollte sich in touristisc­h attraktive­n Regionen mit guter Infrastruk­tur und Anbindung umsehen. Bei der Ausstattun­g sind zwei Schlafzimm­er besser als eins. Funktionie­rendes Wlan und ein Fernseher sind Pflicht, Geschirrsp­üler und Waschmasch­ine fast Standard. „Neben der hochwertig­en Qualität sollte die Ausstattun­g möglichst robust sein, damit sie der Beanspruch­ung durch viele verschiede­ne Gäste standhält“, betont Schüler von der Postbank. „Darüber hinaus erhöhen eine Sauna oder ein Kamin die Attraktivi­tät der Immobilie auch in der Nebensaiso­n.“Außerdem wünschen sich Urlauber Immobilien mit Garten. Das Einfamilie­nhaus kann also mehr punkten als die Eigentumsw­ohnung in einer Anlage.

Newspapers in German

Newspapers from Germany