20.000 Euro Beitrag für neue Straße
Telefonforum Ob Betroffene noch auf den Thüringer Härtefallfonds hoffen dürfen, entscheidet sich Ende Mai
Erfurt. Beim Telefonforum zum Thema Straßenausbaubeiträge und Erschließung war auch der diskutierte Thüringer Härtefallfonds ein großes Thema. Fragen dazu beantworteten Lothar Blaschke und Frank Kuschel vom Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN):
Wir haben im vergangen Jahr einen hohen vierstelligen Beitrag für eine im Jahr 2017 abgeschlossene Straßenausbaumaßnahme gezahlt. Können wir noch auf Entlastung aus dem eigentlich versprochenem Härtefallfonds rechnen?
Das ist eine Frage, die auf landespolitischer Ebene beantwortet werden muss. Linke, SPD, Grüne und CDU hatten ja einen solchen Fonds befürwortet und Geld war sogar schon im Haushaltsplan eingestellt. Widerstand kam aber unter anderem aus dem Innenministerium. Am 24. Mai 2022 muss sich der Petitionsausschuss des Landtages noch einmal mit dem Thema Härtefallfonds befassen. Vielleicht kommt damit im Sinne der Betroffenen noch einmal Schwung die Sache.
Angenommen man verständigt sich in Thüringen noch auf einen Härtefallfonds. Wie würde das dann funktionieren?
Genaue Regularien dafür gibt es noch nicht, da ja der Härtefallfonds an sich noch gar nicht beschlossen ist. Wie es funktionieren kann, sieht man aber am Beispiel des Freistaates Bayern. Dort müssen die betroffenen Beitragspflichtigen 2000 Euro selbst tragen. Alles was darüber hinaus zu zahlen war, konnte zur Rückzahlung beim Land beantragt werden. Abschließend hat darüber eine speziell eingesetzte Härtefallkommission entschieden. In Bayern müssen die Anwohner seit 1. Januar 2018 nicht mehr für den Ausbau von innerörtlichen Straßen zahlen. Der Fonds kam den Beitragszahlern zu Gute, die zu Straßenausbaubeiträgen im Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2017 herangezogen und durch diese unzumutbar belastet wurden. In Thüringen würden dann wohl
Anwohner entlastet, bei denen der Straßenausbau vor dem Haus in den Jahren 2015 bis 2018 abgeschlossen wurde, die aber aufgrund der vierjährigen Verjährungsfrist nach dem 1. Januar 2019 – dem Stichtag für die Abschaffung, noch zu Beiträgen herangezogen wurden.
Viele Jahrzehnte sind wir über eine Sandpiste zu unserem Grundstück gelangt. Dann rückten die Baufahrzeuge an und jetzt sollen wir über 20.000 Euro für eine Straßenerschließung vor unserem Grundstück zahlen. Als Rentner ist das für uns eine gewaltige Summe und wir finden es ungerecht, dass die Gemeinde nur zehn Prozent zu den Kosten beisteuert. Steht das so im Gesetz oder ist das eine Entscheidung der Gemeinde?
Laut Baugesetzbuch muss sich die
Gemeinde mit mindestens zehn Prozent an den Kosten beteiligen. Das Wort mindestens lässt also andere Regelungen zu. Und aktuelle Beispiele zum Beispiel in Brandenburg zeigen, dass einige Gemeinden eine kommunale Kostenbeteiligung von 30 oder sogar 50 Prozent festgelegt haben, um die Straßenanlieger nicht übermäßig zu belasten. Einen derartigen Beschluss müssten die Gemeindevertreter im Ihrem Fall aber erst einmal fassen. Wichtig dafür wäre eine ausreichende Finanzausstattung der Kommunen. Möglich wären aber auch noch andere Formen der Abfederung für Sie, beispielsweise Ratenzahlungen.
Ich möchte ein Grundstück mit Haus kaufen, vor dem gerade erstmals eine befestigte Straße gebaut wurde. Muss ich dann auch den Erschließungsbeitrag zahlen? Beitragspflichtig ist derjenige, der zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstücks ist. So regelt es das Bundesbaugesetz. Entscheidend dabei ist die Grundbucheintragung. Es kann also sein, dass ein Neueigentümer eines Grundstücks einen Beitragsbescheid bekommt, obwohl die abgerechnete Maßnahme bereits vor seinem Erwerb des Grundstücks abgeschlossen wurde. Er kann dann jedoch zivilrechtlich vom Verkäufer die Übernahme des Beitrags verlangen. Laut BGB ist der Verkäufer verpflichtet, Erschließungsund Anliegerbeiträge für die Maßnahmen zu tragen, die bis zum Tage des Vertragsschlusses bautechnisch begonnen wurden. Das gilt aber nur, wenn im notariellen Kaufvertrag nichts Anderes vereinbart wurde. Deshalb sollte der Vertrag genau geprüft werden.