Hinten eine glatte Eins
Eisenachs Handballer rocken weiter die zweite Liga. Und der nächste Kracher wartet
Eisenach. Zu sitzen, das tat gut, fand Alexander Saul. Viele Körner hatten die 60 SpitzenspielMinuten gegen Nordhorn-Lingen gekostet, auch wenn er vorwiegend den Offensivpart gab. Und ohnehin hat diese Saison nach der zigsten englischen Woche extrem viel Kraft verbraucht. Das Ergebnis aber lässt gerade alle Strapazen, alle Blessuren vergessen und den Rückraummann mit den Eisenachern Handballern schweben.
Ein 26:24 (12:8); 1200 Fans aus dem Häuschen, und nach dem LastSecond-Sieg im Hinspiel nun vier Punkte im direkten Vergleich. Nicht gegen irgendwen, gegen den Erstliga-Absteiger und Mitfavoriten auf den Wiederaufstieg Nordhorn; auf Tuchfühlung zum Medaillenplatz, vielleicht zu mehr. Kneifen aber muss sich Alexander Saul deswegen nicht. „Uns ist bewusst, dass wir eine Wahnsinnsabwehr haben, ein geiles System spielen. Und mit jeder Woche, mit jedem Gegner kommen bei uns weitere Entwicklungsschritte“, sagte der 26-Jährige. Und während die Party in der ThSV-Kabine abging, begann er zu schwärmen. „Einfach atemberaubend.“
Allein die zwei Worte hätten den Abend in der Eisenacher AßmannHalle trefflich beschrieben. Das Ergebnis gegen eine ausgebuffte Truppe wie die des Dritten stand schon für sich. Mehr noch aber begeisterte die Art, wie die Eisenacher den Favoriten erneut überraschten. Bis auf eine zehnminütige Schwächephase beherrschten sie ihn, gaben den Rhythmus vor und befreiten sich aus einer kritischen Lage, in die sie sich manövriert hatten.
„Wir kämpfen uns immer wieder heraus. Jeder weiß ganz genau, was er zu tun hat, wie der Fahrplan aussieht, hält sich dran und kriegt noch mehr Selbstvertrauen in seine Aktionen“, beschrieb Alexander Saul ein Erfolgsgeheimnis. Das schlägt sich in zwölf Siegen aus den letzten 14 Partien nieder. Mehr noch: Es eröffnet einen heißen Kampf um den zweiten Aufstiegsplatz. Der nächste Kracher wartet. Am Samstag geht’s zum Zweiten Hamm-Westfalen, der nach der Niederlage am Sonntag in Dessau zwei Punkte entfernt ist.
„Die Zielstellung ist klar“, meint Saul. Er will mit seinem ThSV alle der letzten vier Spiele gewinnen.
Für ihn selbst scheint der Fahrplan bisher vorzusehen, gern dann zu treffen, wenn es besonders wichtig ist. Wie am Sonnabend, als die Nordhorner mit Wucht nach einem Vier-Tore-Minus zum Ausgleich kamen und die Partie für auf der Kippe stand. Unterstützt von zwei Paraden Fran Lucins zur rechten Zeit, schuf Martin Potisk mit einem Doppelpack zum 19:17 die Steilvorlage, die 1,97-Mann Saul mit gewohnt unwiderstehlichen Drang im Einsgegen-Eins vergoldete. Das 20:17 (51.), eine Zwei-Minuten-Strafe für Gegenspieler Dominik Kalafut (seine dritte) und die Vorentscheidung, weil Ivan Snajder sofort nachlegte.
Beim Erfolg gegen Aue vor zwei Wochen hob ThSV-Trainer Misha Kaufmann den Mann mit dem linken Hammer als entscheidend hervor. Saul selbst sieht sich weniger als einen für die wichtigen Momente.
„Wir reden hier von Mannschaftssport. Ich denke, wir profitieren alle voneinander. Herauszustreichen ist natürlich, was Fynn diese Saison abliefert. Das ist der Wahnsinn“, adelte er Fynn Hangstein.
Mit neun Treffern ragte der beste Schütze der Liga (253 Tore) einmal mehr heraus. Er bildete wieder die gefährliche Speerspitze der Abwehr, die auch Nordhorn vor Riesenprobleme stellte. Vielleicht nur ein Dutzend Mal kamen die Gäste in den ersten 30 Minuten überhaupt zum Abschluss. Acht Tore resultierten daraus. Eine Eins für die Verteidigungsleistung der Eisenacher, die Gästetrainer Daniel Kubes durch eine reife Vorstellung beeindruckten. „Ich möchte Eisenach gratulieren“, sagte er, „diese Entwicklung ist fantastisch. Zu sehen, mit welchem Selbstvertrauen die Jungs spielen, mit welchem Glauben, das ist cool und für mich Inspiration“.
Viel mehr braucht es wohl nicht, um noch etwas mehr zu schweben. Dass die Bodenhaftung nicht verloren geht, dafür sorgt schon Misha Kaufmann. „Erfolg ist nur gepachtet. Und jeden Tag ist Miete fällig“, sagt der ThSV-Coach gern. Die Investition harter Arbeit stellt er voran und freut sich, wie sie sich nun auszahlt: auch in noch mehr Mut.
„Uns ist bewusst, dass wir eine Wahnsinnsabwehr haben, ein geiles System spielen.“Alexander Saul, Rückraumspieler über den derzeitigen Höhenflug des ThSV