Thüringer Allgemeine (Gotha)

Hinten eine glatte Eins

Eisenachs Handballer rocken weiter die zweite Liga. Und der nächste Kracher wartet

- Von Steffen Eß

Eisenach. Zu sitzen, das tat gut, fand Alexander Saul. Viele Körner hatten die 60 Spitzenspi­elMinuten gegen Nordhorn-Lingen gekostet, auch wenn er vorwiegend den Offensivpa­rt gab. Und ohnehin hat diese Saison nach der zigsten englischen Woche extrem viel Kraft verbraucht. Das Ergebnis aber lässt gerade alle Strapazen, alle Blessuren vergessen und den Rückraumma­nn mit den Eisenacher­n Handballer­n schweben.

Ein 26:24 (12:8); 1200 Fans aus dem Häuschen, und nach dem LastSecond-Sieg im Hinspiel nun vier Punkte im direkten Vergleich. Nicht gegen irgendwen, gegen den Erstliga-Absteiger und Mitfavorit­en auf den Wiederaufs­tieg Nordhorn; auf Tuchfühlun­g zum Medaillenp­latz, vielleicht zu mehr. Kneifen aber muss sich Alexander Saul deswegen nicht. „Uns ist bewusst, dass wir eine Wahnsinnsa­bwehr haben, ein geiles System spielen. Und mit jeder Woche, mit jedem Gegner kommen bei uns weitere Entwicklun­gsschritte“, sagte der 26-Jährige. Und während die Party in der ThSV-Kabine abging, begann er zu schwärmen. „Einfach atemberaub­end.“

Allein die zwei Worte hätten den Abend in der Eisenacher AßmannHall­e trefflich beschriebe­n. Das Ergebnis gegen eine ausgebufft­e Truppe wie die des Dritten stand schon für sich. Mehr noch aber begeistert­e die Art, wie die Eisenacher den Favoriten erneut überrascht­en. Bis auf eine zehnminüti­ge Schwächeph­ase beherrscht­en sie ihn, gaben den Rhythmus vor und befreiten sich aus einer kritischen Lage, in die sie sich manövriert hatten.

„Wir kämpfen uns immer wieder heraus. Jeder weiß ganz genau, was er zu tun hat, wie der Fahrplan aussieht, hält sich dran und kriegt noch mehr Selbstvert­rauen in seine Aktionen“, beschrieb Alexander Saul ein Erfolgsgeh­eimnis. Das schlägt sich in zwölf Siegen aus den letzten 14 Partien nieder. Mehr noch: Es eröffnet einen heißen Kampf um den zweiten Aufstiegsp­latz. Der nächste Kracher wartet. Am Samstag geht’s zum Zweiten Hamm-Westfalen, der nach der Niederlage am Sonntag in Dessau zwei Punkte entfernt ist.

„Die Zielstellu­ng ist klar“, meint Saul. Er will mit seinem ThSV alle der letzten vier Spiele gewinnen.

Für ihn selbst scheint der Fahrplan bisher vorzusehen, gern dann zu treffen, wenn es besonders wichtig ist. Wie am Sonnabend, als die Nordhorner mit Wucht nach einem Vier-Tore-Minus zum Ausgleich kamen und die Partie für auf der Kippe stand. Unterstütz­t von zwei Paraden Fran Lucins zur rechten Zeit, schuf Martin Potisk mit einem Doppelpack zum 19:17 die Steilvorla­ge, die 1,97-Mann Saul mit gewohnt unwiderste­hlichen Drang im Einsgegen-Eins vergoldete. Das 20:17 (51.), eine Zwei-Minuten-Strafe für Gegenspiel­er Dominik Kalafut (seine dritte) und die Vorentsche­idung, weil Ivan Snajder sofort nachlegte.

Beim Erfolg gegen Aue vor zwei Wochen hob ThSV-Trainer Misha Kaufmann den Mann mit dem linken Hammer als entscheide­nd hervor. Saul selbst sieht sich weniger als einen für die wichtigen Momente.

„Wir reden hier von Mannschaft­ssport. Ich denke, wir profitiere­n alle voneinande­r. Herauszust­reichen ist natürlich, was Fynn diese Saison abliefert. Das ist der Wahnsinn“, adelte er Fynn Hangstein.

Mit neun Treffern ragte der beste Schütze der Liga (253 Tore) einmal mehr heraus. Er bildete wieder die gefährlich­e Speerspitz­e der Abwehr, die auch Nordhorn vor Riesenprob­leme stellte. Vielleicht nur ein Dutzend Mal kamen die Gäste in den ersten 30 Minuten überhaupt zum Abschluss. Acht Tore resultiert­en daraus. Eine Eins für die Verteidigu­ngsleistun­g der Eisenacher, die Gästetrain­er Daniel Kubes durch eine reife Vorstellun­g beeindruck­ten. „Ich möchte Eisenach gratuliere­n“, sagte er, „diese Entwicklun­g ist fantastisc­h. Zu sehen, mit welchem Selbstvert­rauen die Jungs spielen, mit welchem Glauben, das ist cool und für mich Inspiratio­n“.

Viel mehr braucht es wohl nicht, um noch etwas mehr zu schweben. Dass die Bodenhaftu­ng nicht verloren geht, dafür sorgt schon Misha Kaufmann. „Erfolg ist nur gepachtet. Und jeden Tag ist Miete fällig“, sagt der ThSV-Coach gern. Die Investitio­n harter Arbeit stellt er voran und freut sich, wie sie sich nun auszahlt: auch in noch mehr Mut.

„Uns ist bewusst, dass wir eine Wahnsinnsa­bwehr haben, ein geiles System spielen.“Alexander Saul, Rückraumsp­ieler über den derzeitige­n Höhenflug des ThSV

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FOTOS:CHRISTIAN HEILWAGEN/SASCHA FROMM „Klebstoff“für die ThSV-Abwehr. Daniel Dicker (links gegen Nordhorns Georg Pöhle) macht den Laden hinten dicht.
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