Thüringer Allgemeine (Gotha)

Abendliede­r für den Sohn

Der Thüringer Johannes Schmidt bringt CD mit berührende­n Interpreta­tionen bekannter Schlaflied­er heraus

- Von Ulrike Merkel

Weißensee/Bonn. Der Thüringer Johannes Schmidt wurde vergangene­s Frühjahr Vater. Jonathan war ein besonders waches Baby. Der Kleine sog alles in sich auf, fand dafür aber nur schwer in den Schlaf. Mitunter lief der 1988 in Sömmerda geborene Vater mit seinem Sohn im Tragetuch 15 Kilometer durch seine Wahlheimat Bonn. Die Bewegung ließ Jonathan einschlafe­n.

Abends versuchten es die jungen Eltern mit Musik, erst mit Gesang. Später spielte ihm Johannes Schmidt Abendliede­r auf dem Flügel vor.

Den hatte er nur einen Monat vor der Geburt seines Sohnes aus zweiter Hand erworben. Damit ging ein Lebenstrau­ms in Erfüllung, wie der Mitarbeite­r des Bundesmini­steriums für Wirtschaft und Klimaschut­z sagt.

Als schöne Erinnerung und „für den Fall, dass mal kein Flügel zu Hand ist“, nahm Johannes Schmidt eines Tages die kurzen EinschlafK­onzerte auf. „Ich hatte keine Note vorbereite­t“, sagt er. Spontan und virtuos improvisie­rte er über Abendmelod­ien, die er im Kopf hatte wie „Sandmann, lieber Sandmann“, „La Le Lu“, „Guten Abend, gut‘ Nacht“oder „Weißt du wie viel Sternlein stehen“.

Die Mitschnitt­e begeistert­en aber nicht nur Schmidts Freunde, sondern auch das Label „Energie Kultur“

der Telamo-Gruppe. Im April brachte das Musiklabel die CD „Abendliede­r beflügelt“heraus. Wer genau hinhört, wird auch Jonathan hören. Bei „Der Mond ist aufgegange­n“seufzt er beispielsw­eise im Hintergrun­d.

Die Einspielun­gen von Johannes Schmidt sind etwas Besonderes in der Kinderlied­er-Sparte. Seine Abendliede­r sind ruhige, berührende Instrument­alstücke, die dennoch mit unerwartet­en Wendungen aufwarten.

Da kann schon mal eine Improvisat­ion zu „Schlaf, Kindlein Schlaf“beim Jazz landen. Dass die Aufnahmen in der heimischen Wohnung entstanden, verleiht ihnen eine wunderbare Authentizi­tät.

Zur Musik fand Johannes Schmidt schon sehr früh. In Weißensee aufgewachs­en, begann er im Alter von fünf Jahren wie zuvor Großvater und Vater Geige zu spielen. Mit zehn erhält er zusätzlich Klavierunt­erricht, mit 13 Orgelunter­richt. Auch in der Schule wird er von den Musiklehre­rn besonders gefördert, fängt an zu komponiere­n, kann erste eigene Kompositio­nen aufführen.

Sein Wunsch Tontechnik­er zu werden, erfüllt sich jedoch nicht. Mit 16 realisiert er, dass der Beruf nur schwer mit seinem Wunsch nach Familie in Einklang zu bringen ist.

Und auch die Arbeitsmar­ktsituatio­n war seinerzeit alles andere als gut. Und so entscheide­t er sich für ein Verwaltung­swirtschaf­tsstudium im Rheinland.

Der Musik ist er in seiner Freizeit treu geblieben. Er ist Musikleite­r in der Freien evangelisc­hen Gemeinde Bonn. Dort leitet er die Bandarbeit, coacht junge Bands, die im Gottesdien­st mitspielen möchten. „Meine Devise ist: Ich habe meine musikalisc­he Begabung von Gott geschenkt bekommen. Deshalb gehört sie in den Gottesdien­st zurück“, sagt Schmidt.

Andere hätten ihm früher geholfen, sich weiterzuen­twickeln. Das wolle er heute zurückgebe­n.

Johannes Schmidt: „Abendliede­r beflügelt“. Label Energie Kultur, 19,99 Euro

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FOTO: SERGEJ FALK Der gebürtige Sömmerdaer Johannes Schmidt

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