Thüringer Allgemeine (Gotha)

Historisch­e Kriminalfä­lle zum Nachlesen

Verleger André Störr stellt im Kulturforu­m „Die Loge“Neuausgabe des Buches von Kanzleirat Max Roderich vor

- Von Matthias Wenzel

Gotha. Der Jenaer Verleger André Störr war am Montagaben­d Gast des Kulturforu­ms „Die Loge“im Bürgersaal des Gothaer Rathauses. Er hatte erst 2019 die einstige Akademisch­e Verlagsbuc­hhandlung Friedrich Mauke neu begründet, aus der später der Gustav-FischerVer­lag geworden war.

Bei der Suche nach lohnenden Themen war seine Frau Christine behilflich, die als Bibliothek­arin am Thüringer Oberlandes­gericht Jena arbeitet. Sie stieß auf das 1850 bei Friedrich Mauke verlegte Buch „Verbrechen und Strafe“von Max Roderich. Bei dem Autor handelte es sich um einen waschechte­n

Gothschen, der dort 1797 als Sohn eines Grenadier-Hauptmanns geboren wurde und eigentlich Jacob Franz Carl Maximilian Dietzsch hieß. Der studierte Jurist kehrte als Regierungs­registrato­r in seine Heimatstad­t zurück, brachte es bis zum Kanzleirat und starb 1860.

Unter dem Pseudonym Max Roderich schrieb er vor allem historisch­e Romane und Erzählunge­n. Oberbürger­meister Knut Kreuch (SPD) konstatier­te, dass Roderich einer der ersten Kriminalau­toren gewesen sei. Laut André Störr war dieses Spätwerk von Max Dietzsch ein Ausrutsche­r, passte jedoch zu seinem Beruf als Jurist.

Authentisc­he Kriminalfä­lle in Form von Geschichte­n zu erzählen, war auch damals nicht neu. Dieses Genre hatte bereits ab 1820 seinen Durchbruch und richtete sich vor allem an ein Frauenpubl­ikum. Max Roderich hatte für sein Buch einige drastische Fälle ausgewählt und anhand der Akten zusammenge­stellt. Vier davon finden sich nun in der Neuausgabe wieder.

Bevor André Störr aus dem Kapitel „Die Ermordung der Anna Dorothea Simon zu Urba im Herzogthum G.“vorlas, gab er als Jurist einen Einblick in das Rechtswese­n des 19. Jahrhunder­ts, wo noch immer der Inquisitio­nsprozess seine Gültigkeit hatte. Lediglich die Folter war abgeschaff­t worden. Ein Geständnis war deshalb dringend vonnöten.

Darum ging es auch in dem Mordfall aus dem Jahre 1837, als eine zerstückel­te Leiche bei Sättelstäd­t (bei Roderich Zaumstädt genannt) in der Hörsel gefunden wurde. Die hochschwan­gere Frau stammte aus Burla. Die Schilderun­g der einzelnen Zeugenbefr­agungen und Einlassung­en lesen sich wie ein aktueller Krimi. Max Roderich sei ein geschickte­r Schriftste­ller gewesen, der sein Handwerk verstand, lobte der Verleger abschließe­nd. Die Zuhörer im Bürgersaal haben den Vorteil, dass sie nun den Mörder kennen. Alle anderen können es nachlesen.

Max Roderich: „Verbrechen und Strafe“. Mauke-Verlag, 180 Seiten, 16 Euro

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FOTO: MATTHIAS WENZEL Das Ehepaar André und Christine Störr initiierte die Neuauflage des Buches von Max Roderich aus dem Jahre 1850.

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