Thüringer Allgemeine (Gotha)

Die Helden von Sevilla

Neben der Europa-League-Trophäe wird beim FußballBun­desligiste­n Eintracht Frankfurt die erstmalige Teilnahme an der Königsklas­se gefeiert. Die Glücksgefü­hle sind groß

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fasste der immer noch nicht wirklich alte Ansgar Knauff, 20, die Gefühlswel­t zusammen, nachdem Rafael Borré den entscheide­nden Elfmeter für die Eintracht verwandelt hatte.

Die Reise, der Weg. „Unser Weg“: Solche Worte mischten sich immer wieder in die Analysen. Sie passen ja nicht nur wegen der oft beschriebe­nen Mobilitäts­freude der Anhänger. Kaum ein kontinenta­ler Club kommt von so weit her wie die Eintracht. 1980 hatte sie ihren einzigen internatio­nalen Titel gewonnen, den Uefa-Cup. Danach spielte sie zunächst noch mit großem Fußball um die Meistersch­aft, aber bald ging es weit bergab, bis in die Zweite Liga. Ein mühevoller Wiederaufb­au folgte, in der die einst „launische Diva“nach außen so langweilig daher kam wie nie, aber sich nach innen mit sich selbst versöhnte und dadurch eine ungesehene Liebe in ihrer Stadt auslöste. Den Titel in Sevilla gewann ein Verein, der genau weiß, was er sein will. Den Titel gewann ein Team unüblicher Verdächtig­er.

Da war einer wie Knauff, der als Dortmunder Leihspiele­r ab der Winterpaus­e quasi zufällig in sein Glück purzelte. Da waren Ersatzleut­e, die in der Verlängeru­ng eine Notabwehr bildeten. Und da waren die beiden Matchwinne­r: der Mann ganz hinten und der ganz vorn. Kevin Trapp galt lange als nicht mehr als eine solide Nummer drei der Nationalel­f.

Doch die Frankfurte­r Europapoka­lAbenteuer sind ohne ihn nicht denkbar. Mit einer schier übersinnli­chen Parade in der 118. Minute gegen den in nächster Nähe aufgetauch­ten Ryan Kent verhalf er der Eintracht ins Elfmetersc­hießen. Dass er dort mindestens einen Strafstoß parieren würde – dieses Vertrauen auf ihren Torwart betonten hinterher alle Frankfurte­r: es gab ihren Schützen viel Sicherheit.

Am Ende musste dann nur noch Borré treffen. Und Borré traf, so wie er schon gedankensc­hnell zum 1:1Ausgleich getroffen hatte. Der Mittelstür­mer war der andere Held unter Helden, denn das, natürlich, „sind wir alle“, wie Trapp betonte. Irgendeine­r muss aber die entscheide­nden Tore machen. Und das hatten just Borré viele nicht zugetraut.

Trapp, Borré, Rode, Knauff und wie sie alle heißen: wenn schon sie unterschät­zt wurden, was ist dann erst mit ihrem Trainer. Glasner – der Österreich­er, der aus Wolfsburg kam. In der Bundesliga rückte er die Eintracht nie vom Fleck. Aber in Europa gegen Teams vom Kaliber Barcelona präsentier­te sie sich taktisch exzellent. Als leichter Favorit taten sich die Frankfurte­r gegen die Schotten deutlich schwerer. Aber Finals wie die vom Mittwoch gibt es bekanntlic­h nur, um gewonnen zu werden. Nach Blut, Schweiß, drei Stunden und 150 Kilometern hatte die Eintracht genau das getan.

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FOTO: ARNE DEDERT / DPA Mit den Fans feiern die Eintracht-Spieler ihren historisch­en Europa-League-Triumph.

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