Kleiner Spielraum für Unerhörtes
23. Weimarer Frühjahrstage für zeitgenössische Musik locken mit vielen Uraufführungen
Weimar. Süßsaure Miene macht Johannes K. Hildebrandt zur Vorstellung der 23. Weimarer Frühjahrstage: Einerseits freut den Vereinsvorsitzenden des via nova, der nichts als zeitgenössische Musik im Sinn hat, eine 150.000-Euro-förderung des hiesigen „ensemble via nova“durch den Deutschen Musikrat. Andererseits ist davon kein Cent in den Festival-etat übertragbar, der wie jeher große Not leidet.
Mit rund 40.000 Euro gestaltet Hildebrandt nächste Woche sechs Konzerte im Weimarer Kulturzentrum Mon Ami. Ohne Unterstützung von auswärts und durch Stiftungen könnte er wohl ganz einpacken, denn die Zuwendungen seitens des Freistaats wurden abermals auf rund 12.000 Euro verringert. „Wir haben in den letzten zehn Jahren noch nie so wenig Förderung vom Land gekriegt“, konstatiert Hildebrandt trocken und beklagt den abschätzigen Stellenwert der Neuen und Neuesten Musik im Lande.
Trotzdem fährt er unverdrossen in seiner Arbeit fort – im Unterschied
zum Weimarer Komponistenkollegen Michael Hintzenstern, der sein Festival inzwischen einstellte. Die Frühjahrstage konzentrieren sich auf drei Abende und versprechen in einem Saal mit mehreren Podien Unerhörtes am laufenden Band. Gleich 17 Uraufführungen hat man in petto.
Neben MIET+ und dem „ensemble via nova“tritt das 2013 gegründete Hashtag Ensemble aus Polen in fünfköpfiger Besetzung auf und mischt sich bedarfsweise mit den beiden hiesigen Formationen. Hinzu kommen zwei interessante Solisten: Der Schlagwerks-virtuose Philipp Lamprecht, ein Peter-sadloschüler, ist nach Weimar gezogen und stellt sich dem Publikum mit einem Solo-abend vor. Wu Wei aus China hat zudem total Exotisches parat: Er gilt als weltweit gefragter Virtuose der Sheng.
Das hierzulande völlig unerhörte Blasinstrument liege irgendwo zwischen Dudelsack, Akkordeon und Orgel, tut sich selbst Hildebrandt mit einer Beschreibung schwer. Es sei „ein ganz kompliziertes Gerät“, sagt er – aber kaum einer könne es so virtuos traktieren wie Wu Wei. So hat man sich kurzerhand entschlossen, einen der beiden Kompositionswettbewerbe für die Kammerbesetzung Akkordeon, Klarinette und Sheng auszuschreiben; der andere gilt der Akusmatik. 7000 Euro Preisgeld lockten mehr als 40 Teilnehmer, über deren Fortune eine Jury wie auch im Festivalverlauf das Publikum entscheidet.
Etwas Besonderes verspricht Hildebrandt zur Eröffnung: Er habe bei der Kollegin Snežana Nešić etwas Ausgefallenes bestellt – „und das hat sie geliefert“. Im Multimediakonzert setzt sie sich kritisch mit zeitgenössischer Musik auseinander, nicht zuletzt in eingesprochenen Texten. Hildebrandt: „Wir hatten schon bei den Proben viel Spaß. Das Stück wird unterhaltsam!“