Linkes Leiden
Die Linke leidet an sich selbst. „Kakophonie, Uneinigkeit und Streit“müssten überwunden werden, wiederholte ihr Thüringer Vorsitzender Christian Schaft am Samstag auf dem Landesparteitag, auf dem es neben einigen organisatorischen Notwendigkeiten auch darum gehen sollte, die Linke inhaltlich neu auszurichten.
Ein Antrag der Kommunistischen Plattform zum Ukrainekrieg legte sogleich den aktuellsten Dissens offen. Darin wurde die russische Invasion „aufs Schärfste“verurteilt, gleichzeitig aber dem Westen die eigentliche Schuld an der Eskalation gegeben. Im Übrigen müsse die „Militarisierung der Gesellschaft“überwunden werden.
Nachdem der Text deutlich verändert werden sollte, zogen die Einbringer ihren Antrag zurück – und der Parteitag beschloss einfach nichts zum zentralen politischen Thema dieser Zeit. Auch dem linken Ministerpräsidenten, der eindrücklich für das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine plädierte, fehlte erkennbar eine echte Idee, wie die selbst ernannte Friedenspartei mit dem Dilemma umgehen soll.
Diese kriegsbedingte Desorientierung steht stellvertretend für die aktuelle Unfähigkeit der Partei, zwischen althergebrachter Klassenkampffolklore und neuer Identitätspolitik einen eigenständigen, modernen Kurs zu bestimmen, der noch einen nennenswerten Teil der Wählerschaft überzeugen könnte. Die Wahldesaster-Serie belegt dies.
Nun schaut die Linke gebannt auf ihren Bundesparteitag in vier Wochen in Erfurt. Dort soll die nach dem Rücktritt von Susanne Hennig-Wellsow implodierte Spitze neu gewählt und nebenbei der Kurs grob neu bestimmt werden.
Bislang aber ist weder personell noch inhaltlich ein konkreter Plan erkennbar. Bislang geht es der Partei wie ihrem einzigen Ministerpräsidenten.
Sie wirkt zerrissen.