Klinik in den eigenen vier Wänden
Krankenhaus ade: In Dänemark können sich Patienten nun zu Hause behandeln lassen
Aalborg/Stockholm. Rikke Starup könnte im Krankenhaus liegen, stattdessen sitzt sie zu Hause auf dem Sofa, während Antibiotika aus einem Beutel in ihren rechten Arm tröpfeln. Wenn sie die Energie hat, näht sie nebenbei an einem bunten Kleid. Starup ist froh, die Zeit nicht in der Klinik verbringen zu müssen: „Ich fühle mich nicht so krank, wenn ich zu Hause bin“, sagt sie. „Man erholt sich schneller in einer vertrauten Umgebung.“
Rikke Starup leidet an einer Infektion in ihrem Becken – und profitiert von einem neuen Ansatz, den das dänische Gesundheitswesen verfolgt: Heim- statt Krankenhausbehandlung. Das ist vielen Patienten nicht nur angenehmer, sondern bekämpft den chronischen Bettenmangel in dänischen Kliniken. Wenn Starup bislang im Krankenhaus ihre Antibiotika bekam, wurde ihr alle sechs Stunden eine Infusion verabreicht. „Sonst gab es nicht viel zu tun“, erinnert sie sich gegenüber dem öffentlich-rechtlichen dänischen Rundfunksender DR. Sie ist froh, dass die Langeweile in fremder Atmosphäre ein Ende hat.
Denn dänische Krankenhäuser haben sich nun dazu verpflichtet, ihren Patienten Heimbehandlungen anzubieten. Das ist zwar nicht in jedem Einzelfall möglich. Doch für Antibiotikagaben, Dialyseverfahren sowie bestimmte Formen der Chemotherapie muss niemand mehr tagelang in der Klinik herumliegen.
Die Abteilung für Infektionskrankheiten des Universitätskrankenhauses Aalborg hat auf diese Weise im vergangenen Jahr mehr als 500 Tage Krankenhausaufenthalt eingespart, berichtet DR. Dort will man nun noch mehr Menschen in ihren Wohnungen versorgen. „Wenn wir einen Teil der Patienten, die sonst bis zu sechs Wochen hier wären, zu Hause behandeln können, werden Betten für Patienten frei, die einen echten stationären
Aufenthalt benötigen“, sagt der Stationsarzt Jesper Smit. In Dänemark sind überfüllte Kliniken ein Dauerthema. Patienten berichten, dass sie auf dem Flur lange auf ihre Behandlung warten mussten. Damit soll nun Schluss sein.
Wenn Kranke Hilfe brauchen, kommt eine Pflegekraft
„Selbst wenn die frei werdenden Bettenplätze nicht alle Probleme der Überbelegung lösen, können sie doch etwas bewirken“, glaubt Jes Sögaard, Professor für Gesundheitsökonomie. Jeder Beitrag, der den Druck auf die Krankenhäuser verringere, sei willkommen.
In Dänemark haben sich die Verantwortlichen der Krankenhäuser vorgenommen, in Zukunft weitere Klinikbetten für akute Fälle freizubekommen. Dafür müssten die Städte und Krankenhäuser jedoch gut zusammenarbeiten, fordert Sögaard. Denn manchmal sei es notwendig, dass eine Krankenschwester von der kommunalen Hauspflege bei der Behandlung zu Hause helfe. Einige Patienten bräuchten hin und wieder Unterstützung, weil sie ganz alleine nicht klarkommen. „Man muss dafür sorgen, dass in den Gemeinden genügend Personal vorhanden ist, wenn eine Krankenschwester zum Patienten nach Hause kommen muss“, unterstreicht der Gesundheitsökonom.
Rikke Starup ist derweil froh, dass jemand für sie da ist: Ihr Mann kümmert sich. Er hilft ihr beim täglichen Pumpenwechsel. Starup ist erleichtert und sagt, dass alles reibungslos funktioniere. Zuerst sei sie entsetzt gewesen bei dem Gedanken, sich um alles selbst bemühen zu müssen, sagt sie. „Aber es ist super einfach.“Wenn sie das nächste Mal medizinische Hilfe braucht, will sie diese wieder daheim bekommen.